"Putin dämpft Trumps Getöse": Die internationale Presse zum Giganten-Telefonat

Zum Gespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin über eine Waffenruhe in der Ukraine schreiben Zeitungen am Mittwoch folgendes:
"Independent" (London):
"Wir sollten uns zu diesem Zeitpunkt auch vor Augen halten, wie schmerzlich die Situation für (den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr) Selenskij ist. Wie immer in diesem Friedensprozess lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten und das ganze Ausmaß dessen zu sehen, was sich vor uns abspielt.
Das ukrainische Volk - Opfer unprovozierter und bestialischer militärischer Aggression - muss mit ansehen, wie sein Land und seine 'Vermögenswerte' von den Staatschefs sowohl Russlands als auch der USA zerlegt werden, während sein Präsident zum bloßen Zuschauer degradiert wird, wenn überhaupt.
Stellen Sie sich vor, irgendein Land würde aufgefordert zu akzeptieren, dass sein Gebiet, Volk und seine Ressourcen von anderen aufgeteilt würden – und dass es, wenn ihm das Ergebnis nicht gefällt, gezwungen wäre, bis zum Tod oder fast sicher zur Auslöschung zu kämpfen."
"Sydney Morning Herald":
"So viel zum Thema Kriegsbeendigung innerhalb von 24 Stunden. Donald Trumps 2024 geäußerte Prahlerei, er brauche nur einen Tag, um eine Einigung zur Beendigung der Kämpfe in der Ukraine zu erzielen, hat sich nicht erfüllt. Und obwohl man argumentieren könnte, dass das Telefonat mit Wladimir Putin am Dienstag die Sache vorangebracht hat, könnte es auch ein Fall von 'ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück' sein.
Der russische Präsident reagierte mit einem 'Njet' auf Trumps Vorschlag eines 30-tägigen bedingungslosen Waffenstillstands und stimmte stattdessen einem Mini-Waffenstillstand zu, der sich nur auf die Energieinfrastruktur erstreckt. Das Weiße Haus pries das Gespräch als Fortschritt an, doch die Freude war im Vergleich zum üblichen Getöse gedämpft. (...)
Die Situation könnte Trump ernsthaft in Verlegenheit bringen, denn er hat in den letzten zwei Monaten darauf beharrt, Putin wolle den Krieg beenden (...). Dabei hat sich Trump als Putin-Flüsterer dargestellt: als der Einzige, der Putin versteht - ihn sogar mag - und ihn zu einem Deal für die Menschheit bewegen kann. Doch diese Zuversicht wird nun auf eine harte Probe gestellt."
"El Mundo" (Madrid):
"Putins Härte bringt Trumps eigenes Image ins Wanken, der zwischen der Eile, den Krieg in der Ukraine zu beenden, um sich auf die wirtschaftliche Rivalität mit China zu konzentrieren, und dem Bedürfnis schwankt, sich als starker Anführer darzustellen, der sich niemandem beugt. Aus dem gestrigen Gespräch lässt sich jedoch schließen, dass der Kreml seine Angriffe auf den Westen verdoppelt hat, indem er die Unterstützung Washingtons für sein Narrativ des imperialistischen Kreuzzuges und die öffentliche Demütigung seines Feindes (Wolodymyr Selenskij) im Oval Office nutzt.
Die Ankündigung der entkoffeinierten Waffenruhe fiel zudem mit einem weiteren Sieg des Kremls zusammen: der Entscheidung der USA, den Vertrag mit Radio Free Europe zu kündigen, einem historischen US-Sender, den Russland als 'Propagandist' und 'Feind' bezeichnet hat."
"La Stampa" (Turin):
"Putin bekommt einfach die Fortsetzung des Krieges. Und das ist, was er wollte. Derzeit ist ein völliger Waffenstillstand von seinen Wünschen so weit entfernt wie nur möglich. Es sei denn, seine nicht annehmbaren Bedingungen werden angenommen. Nicht annehmbar für die Ukraine, da sie einer Unterwerfung nach weißrussischem Vorbild gleichkommen, verbunden mit Verlusten an Gebieten.
Aber offensichtlich auch nicht annehmbar für Trump. Und das lässt die Ukraine und Europa einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen. (...) Das Ergebnis des Telefongesprächs enttäuscht jene - viele davon in Italien -, die glaubten, der US-Präsident habe einen Zauberstab, um auf magische Weise ein Ende des Krieges herbeizuführen. Die Karten in den Händen der beiden Spieler wurden falsch gelesen."
"Polityka" (Warschau, Onlineausgabe):
"Wie bei Moskaus Zusicherungen üblich, kann man glauben, was man will, aber man muss es überprüfen. Die erste Überprüfung verlief nicht gut, denn kurz nach dem Ende von Trumps Gesprächen mit Putin regneten Raketen auf Kiew nieder. Die ukrainische Hauptstadt ist für Russland eine Kommandozentrale und keine Infrastruktur.
Russland hat der schnellen Unterzeichnung eines umfassenden Waffenstillstands kaum eine Chance eingeräumt. Trotz des positiven Tons beider Erklärungen nach dem Telefonat zwischen Trump und Putin hielt der Kreml an seinen harten Bedingungen fest, und das Weiße Haus ging darauf nicht ein.
Putin spricht weiterhin von einer 'ganzheitlichen Herangehensweise an das Problem' und der Beseitigung der 'Wurzeln' des Konflikts. Er hatte bereits klargestellt, dass es darum geht, den militärischen Status der Ukraine herabzusetzen, ihren Beitritt zur NATO dauerhaft zu blockieren und die militärische Präsenz und die Infrastruktur der Verbündeten an den Grenzen Russlands zu verringern."
"Aktualne.cz" (Tschechisches Nachrichtenportal):
"Wenngleich Russlands Präsident Wladimir Putin vorgeblich Verhandlungen begrüßt, will er in Wirklichkeit keine Waffenruhe, die nur die derzeitige Lage einfrieren würde. (...) Er möchte die russische Einflusssphäre wiederherstellen, einen Keil zwischen Europa und die USA treiben und die nach 1989 entstandenen Verhältnisse verändern. Er will in die Geschichte eingehen als ein Herrscher, der die Größe des russischen Imperiums erneuert und seine Fläche vergrößert hat.
US-Präsident Donald Trump will einen Krieg beenden, der ihn nicht interessiert, sondern nur stört und aufhält. (...) Doch für Putin ist der Krieg in der Ukraine nur eine Phase einer größeren Konfrontation mit dem Westen, die so bald nicht aufhört."
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