Teenie-Eltern kämpfen um eine Zukunft

Straßenkinder, Brasilien
Straßenkinder. Vor olympischen Spielen wird Rio "gesäubert". Tageszentrum der Dreikönigsaktion.

Gefunden haben sie einander bei ihren Bettel-Streifzügen durch den weltberühmten Stadtteil Copacabana in der brasilianischen Millionen-Metropole Rio de Janeiro. Jetzt sind Graziela Oliveira und Gabriel Soares ein Paar. Sie ist 16, er gerade einmal 15 Jahre alt. Und seit fünf Monaten haben sie die gemeinsame Tochter Aylla Vitoria. Heim haben die Teenie-Eltern weiterhin keines, als Straßenkinder schlagen sie sich durchs Leben. Um den Nachwuchs kümmert sich zunächst die Adoptivmutter von Gabriel.

"Ich bin schon mit zwölf Jahren von zu Hause ausgerissen und per Autostopp nach Rio gekommen", sagt Graziela, die zuvor im 440 Kilometer entfernten Belo Horizonte wohnte. Unter Brücken, in Parks und finsteren Hauseingängen verbringt sie seither die Nächte. Jetzt immer gemeinsam mit ihrem Freund, der ebenfalls schon jahrelang auf der Straße lebt.

Drohungen der Polizei

Immer wieder würden sie von der Polizei drangsaliert, manchmal auch bedroht werden, betonen beide. "Einmal haben sie zu mir gesagt, ,wenn wir dich hier wieder treffen, bringen wir dich um‘", schildert Gabriel. "Genau das ist das Problem. Den Behörden geht es nicht um die Resozialisierung und Wiedereingliederung der jungen Menschen in die Gesellschaft, sondern nur darum, die Stadt zu ,säubern‘ – gerade jetzt im Vorfeld der Olympischen Spiele", meint Sebastiao de Andrade.

Der 58-Jährige ist einer der Betreuer eines Tageszentrums, das sich um Straßenkinder kümmert und das von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar unterstützt wird. Hier bekommen die Burschen und Mädchen ab acht Uhr ein Frühstück, können duschen und ihre Wäsche waschen. Daneben wird gespielt, eine Krankenschwester behandelt kleinere Blessuren. Besonders beliebt ist der Computerraum, der besonders gerne frequentiert wird, um Facebook-Freundschaften zu pflegen.

Nach 16 Uhr werden die letzten Burschen und Mädchen wieder in den Dschungel der Großstadt entlassen, wo Drogen und Gewalt die dominierenden Faktoren sind. Die Gefahr, ins Kriminelle abzurutschen und in einem der berüchtigten Jugendgefängnisse zu landen, die nicht so genannt werden dürfen, ist sehr groß. An Resozialisierung ist dort nicht zu denken. Im Gegenteil, sagt Roberto Santos (66), "hier werden sie nur noch aggressiver". Der Diakon versucht dagegenzuhalten, neue Wege aufzuzeigen, positiv zu bleiben: "Niemand kommt als schlechter Mensch auf die Welt, wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren."

Graziela und Gabriel, die ihre Liebe insofern verewigt haben, als sie sich ihre Vornamen wechselseitig auf die Unterarme tätowieren ließen, wollen sich gegen all das Ungemach gemeinsam stemmen. Und sie wollen wieder zur Schule gehen, dann einen Job finden, um für die kleine Aylla Vitoria irgendwann einmal selbst sorgen zu können.

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