Tauwetter auf der koreanischen Halbinsel bei den Olympischen Winterspielen
Während des Mittagessens im Präsidentenpalast in Seoul fiel der entscheidende Satz. Kim Yo-jong, die mächtige und einflussreiche Schwester des nordkoreanischen Herrschers Kim Jong-un, lud den südkoreanischen Staatschef Moon Jae-in zu einem Besuch nach Pjöngjang ein, "so bald wie möglich" – der bisherige Höhepunkt der Charme-Offensive, die das kommunistische Regime vor den Olympischen Spielen eingeleitet hat. Kim Yo-jong und das protokollarische Oberhaupt Nordkoreas, Kim Yong-nam, waren extra zur Eröffnung angereist und wohnten am Samstag gemeinsam mit Moon dem Auftaktmatch des vereinigten Damen-Eishockeyteams gegen die Schweiz bei (die Eidgenossinnen gewannen glatt 8:0). Es war überhaupt das erste Mal nach dem Koreakrieg (1950-1953), dass ein Mitglied der Herrscherdynastie der Kims in den Süden reiste.
Zurückhaltung in Seoul
Moon reagierte zunächst zurückhaltend auf das Angebot. Vor einem etwaigen Gipfel zwischen den Nachbarstaaten, die sich offiziell nach wie vor im Kriegszustand befinden, müssten noch die "passenden Voraussetzungen" geschaffen werden, hieß es in Seoul. Auch die USA zeigten sich wenig beeindruckt von dem Vorstoß Nordkoreas. Vize-Präsident Mike Pence, der bei seinem Südkorea-Aufenthalt anlässlich der Spiele in Pyeongchang Besuchern aus Nordkorea demonstrativ aus dem Weg ging, betonte, es sei wichtig weiter "maximalen Druck" (inklusive Sanktionen) auf Pjöngjang auszuüben. Das Regime arbeite an der Entwicklung von Interkontinentalraketen, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden und US-Territorium erreichen könnten.
Tatsächlich meinen auch politische Beobachter, Diktator Kim Jong-un wolle mit dem von ihm ausgerufenen politischen Tauwetter die wegen seines Nuklear- und Raketenprogramms international verhängten Sanktionen abschwächen. Und auch einen Keil zwischen die Verbündeten Südkorea und USA treiben.
"Sonnenscheinpolitik"
Sollte es zu dem höchstrangigen Treffen kommen, wäre es das dritte nach 2000 und 2007. Die Entspannung ging maßgeblich auf den südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung zurück. Dieser kam vor knapp 18 Jahren mit dem damaligen Herrscher Nordkoreas, Kim Jong-il, dem Vater des heutigen Despoten, in Pjöngjang zusammen. Ergebnis: Durch den Krieg getrennte Familie konnten sich wieder sehen, der gemeinsame Industriekomplex Kaesong entstand (seit zwei Jahren ist er aber wegen des Streits geschlossen). Kim Dae-jung erhielt für seine "Sonnenscheinpolitik", wie sie genannt wurde, den Friedensnobelpreis.
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