Donald Trump: Tabubrecher mit Kalkül

"Wir haben jede Menge Mörder." Von US-Präsident Trump sind noch viele Provokationen zu erwarten.

Fast jeden Tag ein Präsidentenerlass, eine Twittermeldung oder ein Interview – und immer ist ein Tabubruch dabei: So hat die Welt Donald Trump in den zweieinhalb Wochen seiner Amtszeit regieren sehen. Anlass zur neuesten Aufregung lieferte der amerikanische Präsident in einem Interview mit einem FOX-Journalisten, der Russlands Präsidenten Putin als "Mörder" bezeichnete. Woraufhin Trump relativierte: "Es gibt eine Menge Mörder. Wir haben eine Menge Mörder. Was glauben Sie? Dass unser Land unschuldig ist?

Empört heulte eine Reihe republikanischer Politiker auf. Man könne das Vorgehen der USA und Russlands nicht auf eine Stufe stellen, schimpften mehrere konservative Senatoren. Doch der große Aufschrei blieb aus.

Zum einen, meint USA-experte und Politikwissenschafter Reinhard Heinisch (Uni Salzburg), "weil Tabubrüche bei Trumps Wählern generell gut ankommen." Zum anderen scheint schon ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten zu sein. "Wenn man in so kurzer Zeit so viele Tabus gebrochen hat wie Donald Trump, schockiert so eine Aussage nicht mehr so sehr." Und so lange sich seine eigene Partei nicht von ihm abwende, meint Heinisch gegenüber dem KURIER, sei ein Vorgehen mit ruhigerer Hand vom neuen Herrn des Weißen Hauses kaum zu erwarten.

Schockwellen

Donald Trump: Tabubrecher mit Kalkül
Reinhard Heinisch (Universität Salzburg/ Politikwissenschaft) Foto: Teresa Zötl
Nach jeder vom dünnhäutigen Milliardär losgetretenen Schockwelle stellte sich die selbe Frage : Schießt er rhetorisch einfach aus der Hüfte ohne zu bedenken, was er sagt? Oder kalkuliert er seine Provokationen? Verfolgt er gar eine Strategie?

Kein Zufall scheint zu sein, dass Trump "sehr viele Themen gleichzeitig aufmacht", sagt Politikwissenschaftler Heinisch. "Dadurch können sich seine Gegner und die nicht existente Opposition kaum darauf konzentrieren, wogegen sie konkret protestieren sollen."

Befürchtungen, Trump agiere mit seinem Schwall von Dekreten wie bei einem schleichenden Staatsstreich, weist Heinisch, der lang in den USA gelebt und an Unis unterrichtet hat, zurück. "Es ist kein Staatsstreich, wenn Trump konservative Politik umsetzt. Der Präsident hat große Macht, aber er kann nicht bestehende Gesetze aushebeln. Und alle seine Entscheidungen müssen auf Basis der Verfassung erfolgen."

Dass Trumps Dekrete auf dem Gerichtsweg gebremst werden können, zeigte sich zuletzt am Riegel eines Bundesrichters aus Seattle gegen den von Trump verordneten Einreise-Bann von Muslimen aus sieben Staaten. Die folgende Klage der Regierung wies wiederum das zuständige Berufungsgericht zurück. Der Rechtsstreit geht in die nächste(n) Runde(n), möglicherweise bis zum US-Höchstgericht. Ausgang offen.

Absehbar aber sei dagegen schon jetzt, sagt Heinisch, "dass es der UNO und der EU mit einem Präsidenten Trump an den Kragen gehen wird." Die USA werden der UNO einen Großteil der Mittel streichen – ein in den USA populärer Schritt. "Und in der EU scheint Trump einen Geschäftsrivalen zu sehen. Ein schwaches Europa ist ihm aus ökonomischer Sicht lieber."

Ganz besonders gefährdet sieht der Politologe die deutsch-amerikanischen Beziehungen. "In Deutschland sieht Trump aus wirtschaftlichem und politischem Interesse einen Hauptgegner."

Mehr Provokationen der Marke Trump – wohl zu erwarten.

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