Syriza in Griechenland: "Wollen keinen Sowjetstaat"
Wir hätten die Wahlen schon im Jahr 2012 gewonnen, wenn Europa nicht so eine Angst-Kampagne gegen Syriza gestartet hätte", ist sich Giorgos Chondros sicher. Dieses Mal aber, am Sonntag in einer Woche, werde die linke Syriza bei den griechischen Parlamentswahlen nicht nur siegen, sondern möglicherweise sogar die absolute Mehrheit holen, hofft Syriza-Vorstandsmitglied Chondros im Gespräch mit dem KURIER.
Die Meinungsumfragen scheinen Chondros’ Optimismus zu bestätigen: Die radikallinke Opposition liegt klar vor der regierenden konservativen Nea Dimokratia. Dass sie aber unter Führung ihres Parteichefs Alexis Tsipras allein regieren und einen fundamentalen Kurswechsel einleiten wird, ist vorerst noch alles andere als sicher. Denn potenzielle Koalitionspartner – abgesehen von den Kommunisten – sind rar. Mit allen Parteien, die Griechenlands bisherige Sparpolitik mitgetragen haben, will Syriza nicht zusammenarbeiten.
"Keinen Sowjetstaat"
Eine radikale Kehrtwende aber verlangt Syriza in der Schuldenpolitik: "Die griechischen Schulden sind nicht tragfähig. 2010, als wir vom internationalen Geldmarkt ausgeschlossen wurden, betrug unsere Staatsschuld 120 Prozent von unseren Wirtschaftsleistung. Jetzt liegen wir bei 170 Prozent vom BIP", sagt Chondros und folgert daraus: "Die Hilfsprogramme der Troika (EU, EZB, IWF) haben ihr Ziel total verfehlt. Die Lösung kann also nur sein: Wir müssen mit der Troika über einen großen Schuldenschnitt verhandeln. Mindestens die Hälfte der Schulden müssen gestrichen werden." Und auch danach, so der Syriza-Funktionär, könnten Schulden nur bedient werden, wenn die griechische Wirtschaft wieder wachse.
Trotz aller harschen Spar- und Reformmaßnahmen aber ist in Hellas keine Rückkehr zum Wachstum zu spüren. Wie auch, gibt, Chondros zu bedenken: "Ist der Verkauf von Staatsvermögen eine Reform? Ist die Deregulierung von Arbeitsrechten eine Reform?" Tatsächlich habe das von der Troika verordnete Spardiktat dazu geführt, dass jeder Grieche einen durchschnittlichen Einkommensverlust von 40 Prozent zu verkraften habe. 27 Prozent sind arbeitslos, unter den Jungen gar 60 Prozent. Giorgos Chondros: "Unsere Mittelschicht ist zugrunde gegangen. Millionen haben keine Krankenversicherung mehr und man stelle sich das vor: 300.000 Familien leben ohne Strom, weil sie ihre Energierechnung nicht mehr zahlen können. Wir leben mitten in einer tiefen, humanitären Krise – und das in Friedenszeiten."
Fazit der Syriza: Die Spar-Politik müsse gestoppt werden. Stattdessen plant die Linke sofort nach einer potenziellen Regierungsübernahme, die Mindestlöhne von derzeit 511 wieder auf 751 Euro zu erhöhen, das Steuersystem zu ändern – so dass alle Ausnahmeklauseln für Griechenlands Reiche fallen sollen –, die Kürzung der Pensionen zurückzunehmen und ein sofortiges Sozialprogramm zu starten.
Woher das Geld kommen soll? Aus dem erstmals wieder erzielten Primärüberschuss des Budgets, meint Chondros. "Wie kam der zustande?", fragt er lakonisch. "Man hat unter anderem im Vorjahr den Spitälern eine Milliarde und den Sozialversicherungen drei Milliarden Euro weniger überwiesen."
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