Syriens Christen: Bischöfe warnen

Syriens Christen: Bischöfe warnen
Die Lage der Christen ist prekär, aber auch zwiespältig: Aus Homs sind 50.000 geflohen – vertrieben von Islamisten.

Die zwei Erzbischöfe der syrisch-orthodoxen Kirche, die auf Einladung von "Christian Solidarity International" (CSI) derzeit in Wien sind, zeichnen ein düsteres Bild der Lage der zwei Millionen Christen im Bürgerkriegsland.

"In Homs haben die Aufständischen die Kathedrale geplündert, meine Residenz ebenso. Erst am Mittwoch habe ich erfahren, dass wieder zwei Christen getötet wurden. Insgesamt sind es bei uns 250", so der Erzbischof von Homs und Hama, Silvanus Petros. Geschäfte und Wohnungen der Gläubigen seien zerstört worden.

50.000 auf der Flucht

Syriens Christen: Bischöfe warnen

Von den 50.000 Christen seien fast alle zu Verwandten in die Dörfer geflüchtet. Dort setze sich die Tragödie fort. Denn die Menschen hätten keine Einkommensquelle mehr und wüssten nicht, wie sie überleben können. Und die Kinder könnten auch nicht mehr zur Schule gehen.

"Es sind radikale Islamisten, die unter das Dach der Rebellen geschlüpft sind und für diese Christen-Verfolgung verantwortlich zeichnen. Sie terrorisieren auch die Alawiten und die traditionellen Imame", betont CSI-Generalsekretär Elmar Kuhn.

Hinsichtlich einer Ablöse von Machthaber Bashar al-Assad zeigt sich Erzbischof Matta Roham zurückhaltend – der Geistliche ist eine Art "Außenminister" der syrisch-orthodoxen Kirche, die enge Kontakte zum Regime pflegte und damit gut fuhr. Das sei eine politische, keine religiöse Frage. "Aber wir haben ernste Bedenken im Fall eines Umsturzes. Was passiert dann mit den Christen? Dann sind wir in einer Sackgasse." Im schlimmsten Fall müsste die internationale Gemeinschaft einen safe haven schaffen, um die Gläubigen vor Verfolgung zu schützen. "Denn wir wollen nicht abgeschlachtet werden wie die Schafe", so Bischof Roham zum KURIER.

Warnung

In diesem Zusammenhang warnt er vor einem irakischen Szenario, wo es zu einem Massenexodus der Christen gekommen ist – auch im Zweistromland hatte sich die Minderheit mit dem früheren Diktator Saddam Hussein arrangiert.

Dass die Tage Assads in Syrien gezählt sein dürften, sieht Bischof Roham nicht. Das würde von den Medien so dargestellt, "es gibt natürlich Probleme in manchen Regionen, aber bei Weitem nicht im ganzen Land". Auch dass der Herrscher seine Legitimität längst verloren habe, bestreitet der Kirchenmann: "Er wurde gewählt, also übt er das Amt aus."

Dutzende Tote bei Explosion in Hama

Eine gewaltige Detonation in einem Haus in der Widerstandshochburg Hama, die auch mehrere umliegende Gebäude zerstörte, hat laut Opposition bis zu 70 Menschenleben gefordert. Die Regierungsgegner vermuteten einen Bomben- oder Raketenangriff der Armee. Die wies die Schuld von sich: "Terroristische Gruppen" hätten das Haus als Bombenfabrik genutzt.

Unterdessen tauchte ein Video auf, das angeblich zeigt, wie syrische Sicherheitskräfte einen Oppositionellen bei lebendigem Leib begraben. Ob das Video echt ist, war am Donnerstag zunächst unklar.

Selbst für den UN-Sondergesandten Kofi Annan ist inzwischen klar, dass sein Friedensplan nicht wirklich greift. Die Waffenruhe halte nur dort, wo sich das Vorauskommando der 300 UN-Beobachter gerade aufhalte, berichtete er dem Sicherheitsrat. Die dringend benötigten, nächsten 100 Experten werden frühestens in einem Monat anreisen. Grund: Sie müssen erst ernannt und geschult werden, zudem brauchen sie Visa von Damaskus.

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