Syrien: Trinkwasser wird im Bürgerkrieg zur Waffe

Trinkwasser ist in Damaskus ein wertvolles knappes Gut geworden
Rund fünf Millionen Menschen von Wassermangel betroffen, erbitterte Kämpfe um Pumpstation.

In der syrischen Hauptstadt Damaskus bahnt sich nach bald sechs Jahren Bürgerkrieg eine weitere Katastrophe an: Trinkwassermangel. Seit im Barada-Tal, das durch seinen gleichnamigen Fluss einen Großteil der Wasserversorgung in Damaskus gewährleistet, eine Pumpstation zerstört ist, fließt das Wasser nur noch spärlich in die Hauptstadt.

Zwei Wochen schon sparen die Einwohner von Damaskus, wo sie nur können. An vereinzelten Quellen und Brunnen stehen die Menschen Schlange, um das kostbare Wasser in Kanister zu füllen und nach Hause zu schleppen. Rund fünf Millionen Menschen sind vom Engpass betroffen. Die Rebellengruppen, die seit 2012 das Barada-Tal kontrollieren, geben dem syrischen Regime die Schuld an der Zerstörung der Pumpstation. Mit Fassbomben hätte die syrische Luftwaffe das Tal bombardiert, heißt es.

Keiner will schuld sein

Dies weist das Regime zurück – die Rebellen hätten die Versorgung selbst sabotiert. Vor mehreren Wochen hatte das Regime die Rebellen noch beschuldigt, das Wasser mit Diesel zu vergiften.

Angesichts des in Aussicht gestellten Friedensabkommens in Syrien, an dem Russland und die Türkei momentan arbeiten, scheint es, dass die syrische Regierung um jeden Preis die strategisch wichtigen Wasserressourcen um Damaskus unter ihre Kontrolle bringen möchte. Verstärkt liefern sich die mit Assad verbündeten Hisbollah-Milizen Gefechte mit den Rebellen, unterstützt werden sie von der syrischen Luftwaffe. Und das, obwohl seit einer Woche ein Waffenstillstandsabkommen besteht.

Islamistische Rebellen

Dass die Angriffe auf das Barada-Tal trotzdem weitergehen, rechtfertigt die Regierung damit, dass dort islamistische Rebellen der ehemaligen al-Nusra-Front, der jetzigen Jabhat Fateh al-Sham, stationiert seien. Die hat dem Abkommen nie zugestimmt. Auch nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte halten sich Teile der Gruppierung dort auf.

Tarafa Baghajati, ein Syrer, der seit 1986 in Wien lebt und dem Regime gegenüber kritisch eingestellt ist, glaubt das nicht: "Das Regime kann jetzt überall, wo es in Syrien angreifen will, sagen, dass dort Kämpfer von al-Nusra sind", sagte er gegenüber dem KURIER und verlangte von Russland, auf Assad Druck auszuüben, um die Angriffe abzustellen und Reparaturen der Wasserversorgung vorzunehmen.

Die Wasserversorgung als strategisches Druckmittel einzusetzen scheint im syrischen Bürgerkrieg immer beliebter zu werden – vor rund einer Woche sabotierten Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" wichtige Wasserleitungen zur Großstadt Aleppo. Die syrische Zivilbevölkerung leidet am meisten unter dieser unmenschlichen Praktik.

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