Syrien: Idlib-Offensive weiter in Schwebe
Es war wie ein Präludium zum großen Hauptakt: Noch ehe die Präsidenten Russlands (Wladimir Putin), des Irans (Hassan Rohani) und der Türkei (Tayyip Erdoğan) gestern zum entscheidenden Syrien-Gipfel in Teheran zusammentrafen, hatte die russische Luftwaffe mutmaßliche Zentralen in der letzten verbliebenen Rebellen-Hochburg Idlib bombardiert.
Auch die ersten Stellungnahmen Putins und Rohanis, die aufseiten des syrischen Machthabers Bashar al-Assad in den Konflikt militärisch eingreifen, deuteten daraufhin, dass die Mutter aller (syrischen) Schlachten unmittelbar bevorstehen könnte. Die syrische Regierung, die Idlib unbedingt rückerobern will, „hat das Recht (dazu) und sollte ihr ganzes nationales Territorium kontrollieren“, sagte etwa der Kremlchef, nur so sei eine Lösung für das Bürgerkriegsland möglich. Ähnlich Hassan Rohani: „Wir wollen Frieden, aber manchmal muss auch für den Frieden gekämpft werden.“
Flüchtlingswelle droht
Erdoğan, der seinen früheren Freund und jetzigen Rivalen Assad stürzen will, stand mit seiner Forderung nach einem Waffenstillstand alleine da. Putin wies sie umgehend und schroff zurück. Mit islamistischen Terroristen werde nicht verhandelt.
Die Warnung des türkischen Präsidenten vor einer neuen Flüchtlingswelle im Fall einer offenen Schlacht um Idlib (was auch europäische Staaten und die UNO befürchten) schien die beiden anderen Gesprächspartner ebenfalls nicht wirklich zu überzeugen. Tatsächlich befinden sich in der Provinz neben Tausenden Kämpfern auch 2,9 Millionen Zivilisten – die ersten haben aus Furcht vor einem Sturmangriff ihre Heimat bereits verlassen.
Wegen der unterschiedlichen Standpunkte endete der Gipfel mit einer vagen Erklärung, dass Zivilisten zu schützen seien und Extremisten zu vernichten.
Hinter den Kulissen des Dreier-Treffens in Teheran wurde dem Vernehmen nach aber auch eine „schonendere“ Variante als ein Sturm auf Idlib ventiliert – daran tüfteln Russland und die Türkei angeblich seit Wochen.
Deal Ankara-Moskau?
Laut Medien hat Ankara folgenden Plan: Demnach sollen die Islamisten der Terrormiliz Hayat Tahrir al-Sham, der Nachfolgertruppe der El-Kaida-nahen Al-Nusra-Front, in zwölf Untergruppen aufgeteilt und in eine „Pufferzone“ verfrachtet werden, die von gemäßigten Assad-Gegnern kontrolliert wird. Wer sich weigere, die Waffen abzugeben, werde Ziel von Angriffen. Ob Putin diesem Deal letztendlich zustimmen kann, bleibt weiter ungewiss. Bisher sprach er immer davon, alle „Terroristen“ in Idlib und anderen Teilen Syriens zu bekämpfen, bis der Frieden wieder hergestellt sei.
In der Provinzhauptstadt der Region demonstrierten indes Zehntausende gegen einen Angriff auf ihre Heimat. Die Protestierenden hielten Banner hoch mit Aufschriften wie: „Ich bin ein Bürger Idlibs, ich habe das Recht, in Würde zu leben.“
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