Syrien: Johnson erwägt, Assad zu akzeptieren

Außenminister Boris Johnson
Außenminister Boris Johnson kündigte eine mögliche Kehrtwende in der Syrien-Politik Großbritanniens an.

Die britische Regierung erwägt eine Kehrtwende in ihrer Syrien-Politik: Außenminister Boris Johnson sagte am Donnerstag im Oberhaus des Parlaments in London, er könne sich vorstellen, ebenso wie Russland den Verbleib des syrischen Staatschefs Bashar al-Assad im Amt anzuerkennen. Assads Rücktritt werde immer wieder gefordert, sei aber bisher nicht erreicht worden, sagte Johnson.

"Ich sehe die Unannehmlichkeiten und die Risiken einer völligen Kehrtwende, die darin besteht, die Russen und Assad zu unterstützen. Aber ich muss auch realistisch die Tatsache sehen, dass wir unsere Herangehensweise ändern müssen", sagte Johnson im House of Lords. "Wir sagen unablässig unser Mantra mit der Forderung nach Assads Rückzug auf, ohne das jemals zu erreichen."

Assad könnte bei Wahlen antreten

Johnson schlug Neuwahlen in Syrien unter der Aufsicht der Vereinten Nationen vor. Dies wäre "ein Weg, um voranzukommen", sagte er. Die Frage, ob das bedeuten würde, dass Assad selbst bei Wahlen antreten könnte, beantwortete der Außenminister mit "Ja." Bisher hatte die britische Regierung den Rückzug Assads als Bedingung für eine Beilegung des seit März 2011 andauernden Syrien-Konflikts genannt. Dies fordern auch andere westliche Staaten und die syrische Opposition.

Einen Tag vor dem Besuch der britischen Premierministerin Theresa May beim neuen US-Präsidenten Donald Trump stellte Johnson Russland eine Zusammenarbeit im Kampf gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Aussicht: Eine Vereinbarung mit Moskau, "um IS anzugreifen und, wie es der Präsident (Trump) gesagt hat, von der Landkarte auszulöschen, könnte eine Lösung sein", sagte er im Oberhaus.

Russisches "Schiff der Schande"

Noch am Mittwoch hatte die britische Regierung weniger Moskau-freundliche Töne angeschlagen: Verteidigungsminister Michael Fallon bezeichnete einen russischen Flugzeugträger, der auf dem Rückweg von Syrien nach Russland den Ärmelkanal passierte, als "Schiff der Schande", weil er für die Luftangriffe auf die syrische Stadt Aleppo eingesetzt worden war.

Russland unterstützt die Assad-Regierung seit September 2015 militärisch im Kampf gegen Rebellen. Nach dem Inkrafttreten einer Waffenruhe Ende Dezember hatte Präsident Wladimir Putin angekündigt, die Präsenz der russischen Streitkräfte in Syrien zu verringern. Am Dienstag hatten sich Russland, die Türkei und der Iran bei einer Syrien-Konferenz in Astana auf Schritte für eine Überwachung der brüchigen Waffenruhe verständigt.

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