Vom Feind zum Freund: Al-Scharaa trifft Trump im Weißen Haus
Der Mann, auf dessen Kopf einst ein Kopfgeld von zehn Millionen US-Dollar ausgesetzt war, lässt den Basketball kurz aufspringen, zielt – und trifft ins Netz. Dann gibt er den US-Militäroffizieren die Hand, einem klopft er freundschaftlich auf die Schulter. Das Video des syrischen Präsidenten Ahmed al-Scharaa, wie er in weißem Hemd und mit Krawatte Basketball spielte, ging viral. Bei einem der Offiziere soll es sich um den US-Navy Admiral Brad Cooper handeln, der im Irakkrieg diente. Auch al-Scharaa kämpfte im Irak – als Dschihadist gegen die US-Truppen.
Seit dem Sturz des Assad-Regimes vor noch nicht einmal einem Jahr ist al-Scharaa ein gern gesehener Gast, dessen Land zum Wiederaufbau auf ausländische Investitionen dringendst angewiesen und somit attraktiv für Geschäftsmänner aller Welt ist – und so einer ist US-Präsident Donald Trump nach wie vor. Als erster syrischer Präsident betrat er am Montag das Weiße Haus. Trump hatte er bereits im Mai in Riad und Ende September in New York bei der UN-Generalversammlung getroffen.
Zwischen Putin und Trump
Rechtzeitig vor der Reise hatte der UN-Sicherheitsrat für die Aufhebung der Sanktionen gegen al-Scharaa gestimmt – sowohl die Unterstützung der USA als auch Russland waren dafür notwendig. Russlands Rückendeckung hatte sich al-Sharaa vor ein paar Wochen in Moskau zusichern lassen. Die bilaterale Beziehung ist eine schwierige, Kremlchef Wladimir Putin unterstützte den gestürzten Machthaber Baschar al-Assad und bietet ihm Asyl in Moskau. Doch Syrien bekommt Getreide, Öl, Gas, Stahl und jahrzehntelang auch Waffen aus Russland. Der Kreml wiederum will auf seinen Marinestützpunkt in Tartus und die Luftwaffenbasis Hmeimim in Syrien nicht verzichten. Die Annäherung an Russland war auch Gespräch in Washington.
Gemeinsam gegen den IS
Die USA wollen nicht, dass Russland seinen strategischen Brückenkopf in Syrien wieder aufbaut. Stattdessen sollen die Eingliederung der kurdischen Milizen in die Armee, die die USA einst als Bollwerk gegen den IS unterstützten, und der gemeinsame Kampf gegen die Extremisten und ehemaligen Mitkämpfer al-Scharaas vorangetrieben werden; die syrische Armee soll an US-geführten Missionen teilnehmen. Wie zur Unterstützung behauptete ein hochrangiger syrischer Sicherheitsbeamter vor dem Treffen, al-Scharaa soll in den vergangenen Monaten mehrmals Ziel von – vereitelten Anschläge des IS gewesen sein. Al-Scharaa will die dauerhafte Aufhebung von Sanktionen, was im US-Kongress beschlossen werden muss.
Auch Syriens Verhältnis zum Nachbarn Israel war Thema: Offiziell befinden sich beide Länder im Kriegszustand; Israel hat nach Assads Sturz syrische Militärstützpunkte angegriffen – mit der Begründung, die Drusen im Süden des Landes zu beschützen. Al-Sharaa hat bei Weitem nicht alle militanten Gruppierungen in Syrien unter Kontrolle, immer wieder kommt es zu gewalttätigen Angriffen auf Minderheiten. Trump drängt auf ein Friedensabkommen mit Israel – ein weiteres, mit dem er sich rühmen könnte.
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