Die Kritik reicht von Sarkasmus und "optimistischen Giraffen" bis hin zur Bitte, die Shanghaier Börse wegzubomben
„Steht auf! Alle Giraffen, die keine Sklaven sein wollen.“ - Das schrieb ein Weibo-User laut CNN unter dem Post in Anspielung auf den ersten Vers der chinesischen Nationalhymne. In einem anderen Kommentar stand: “Wer kann mir helfen? Ich bin seit einer langen Zeit arbeitslos.”
„Die gesamte Giraffen-Gemeinschaft ist voller Optimismus“, hieß es in einem anderen Kommentar. Das bezieht sich auf die Überschrift eines Artikels in chinesischen Staatsmedien, der am selben Tag wie das Giraffen-Posting erschein: „Das ganze Land ist von Optimismus erfüllt“.
Dadurch, dass jegliche Kritik an Chinas Führung im Netz streng zensiert wird, verhelfen sich die Nutzer häufig mit versteckten Symbolen, verschleierten Anspielungen und Sarkasmus. So auch beispielsweise während der Pandemie. Aber auch offenkundige Wut fand unter dem Giraffen-Post seinen Platz. So fragte ein Weibo-User laut der FAZ, ob die Amerikaner nicht ein paar Raketen übrig hätten, um die Schanghaier Börse wegzubomben.
Laut der kommunistischen Partei die größte Gefahr für Chinas Wirtschaft: Chinesische Bürger, die die eigene Wirtschaft kritisieren
Die chinesische Wirtschaft hat sich seit der Corona-Pandemie zwar erholt, steht aber trotzdem laut Experten vor der Klippe. Der chinesische Aktienmarkt hat seit 2021 mehr als 5,6 Billionen Euro verloren. Chinas Jugendarbeitslosigkeit steht auf einem Rekordhoch – sodass das Pekinger Statistikamt im Sommer letzten Jahres kurzerhand aufhörte, überhaupt Daten zur Arbeitslosenquote unter Jugendlichen zu veröffentlichen.
Hinzu kommt der kriselnde Immobilienmarkt, bei dem ein Gericht in Hongkong zuletzt die Liquidierung des etwa 300 Milliarden US-Dollar verschuldeten Immobilienkonzerns China Evergrande angeordnet hat.
Weibo hat mittlerweile in der Kommentarsektion unter des Giraffen-Postings aufgeräumt. So sind in den Kommentaren jetzt nur noch Glückwünsche zur chinesisch-amerikanischen Freundschaft zu sehen. Die Giraffe selbst wurde auf Weibo bislang noch nicht gesperrt. Einige giraffenbezogene Hashtags (#TheGiraffeIncident) wurden aber laut China Digital Times auf der Plattform blockiert. „Es sieht so aus, als wären die Giraffen nicht länger geschützt“, schrieb ein User laut Business Insider.
Das chinesische Ministerium für Staatssicherheit warnte die Bevölkerung letzten Monat noch vor einer großen Gefahr: chinesische Bürger, die die eigene Wirtschaft kritisieren. Auf dem offiziellen WeChat-Account teilte das Ministerium deshalb mit, dass die Bürger auf keinen Fall den „falschen Narrativen“ trauen, sondern weiter an Präsident Xi Jinpings Vision glauben sollen.
Seitdem greift der Staat im ohnehin streng zensierten Internet noch härter durch. So verschwanden in den letzten Wochen mehrere Kommentare und Analysen chinesischer Wirtschaftsexperten gänzlich vom Netz. Zahlreiche chinesische Medienberichte, die von einer finanziellen Notlage sprechen oder arme Lebensbedingungen der Bürger schildern, sind nicht mehr aufzufinden.
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