Westbalkan-Gipfel: "Verzögern ist gefährlich"

Merkel und Serbiens Aleksandar Vucic im Vorjahr in Sofia.
Merkel und Macron reanimieren EU-Perspektive für Balkanstaaten. Experte: Österreich hat "an Gewicht verloren".

Die Großen sollen sich nun um den Westbalkan kümmern. Angela Merkel und Emmanuel Macron waren sich in ihrer Balkanpolitik nicht immer einig. Doch sie wollen nun an einem Strang ziehen und „die misslungenen Verhandlungen der EU unter Kontrolle bekommen“, sagt Florian Bieber, Südosteuropa-Experte der Uni Graz. Dazu laden sie am Montag zum Gipfel in Berlin.

Ganz oben auf der Tagesordnung: Der Dialog zwischen Serbien und Kosovo. Dieser ist wegen der kosovarischen 100-Prozent-Zölle auf serbische Produkte blockiert. Zuvor war von einem Gebietstausch die Rede: Während Österreich, Außenbeauftragte Federica Mogherini, Erweiterungskommissar Johannes Hahn, aber auch Macron ihre Unterstützung für die Idee zusicherten, hatte sich Merkel stets gegen sie ausgesprochen. Das öffne eine „Büchse der Pandora“ in der Region, hieß es von anderen Kritikern. Deutschland werde am Montag versuchen, „die Teilungspläne für den Kosovo endgültig aus der Welt zu schaffen“, vermutet Südosteuropa-Experte Bieber.

Westbalkan-Gipfel: "Verzögern ist gefährlich"

Wie Bosnien, Albanien, Montenegro und Nordmazedonien drängen auch Serbien und Kosovo in die EU. Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien als offizielle Kandidaten. Die Beitrittsperspektive nutzt Brüssel als Druckmittel, um regionale Probleme wie umstrittene Grenzen aus der Welt zu schaffen – mit mäßigem Erfolg.

Gleichzeitig schwindet in der Region der Glaube an den Beitritt. Diplomaten sprechen unisono von „Lippenbekenntnissen“ aus Brüssel. Kosovaren warten etwa auf die Visafreiheit für Reisen in die EU. Die Bedingungen dafür hätten sie erfüllt.

Westbalkan-Gipfel: "Verzögern ist gefährlich"

Erweiterungskommissar Hahn.

Erweiterungskommissar Hahn machte in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur am Freitag vor allem Nordmazedonien und Albanien Hoffnung auf Start der Beitrittsverhandlungen nach der EU-Wahl. Vor allem Nordmazedonien habe sich diesen durch Reformen und die Beilegung des Namensstreits verdient, so Hahn. Bei einer weiteren Verzögerung der Verhandlungen drohe „interne Destabilisierung mit entsprechenden Folgen auch für die Region“.

Österreichs Regierung ist in Berlin nicht dabei. Sie spiele in diesem Fall keine wichtige Rolle, sagt Bieber. Außerdem habe „die österreichische Außenpolitik unter der jetzigen Regierung“ in der Region „an Gewicht eingebüßt“. Die Bundesregierung entgegnet, man pflege ständig gute Kontakte und „begrüße jegliche Initiative“ für den Westbalkan – auch diese.

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