Absolute Mehrheit klar verfehlt: Wahldebakel für ANC in Südafrika

Wahlkampfveranstaltung in Südafrika
Der bisher allein regierende ANC muss bei den Wahlen herbe Verluste hinnehmen - und erstmals einen Koalitionspartner akzeptieren.

Die südafrikanische Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) hat bei den Parlamentswahlen erstmals seit dem Ende der Apartheid vor drei Jahrzehnten die absolute Mehrheit verloren

Mit knapp 98 Prozent der ausgezählten Stimmen lag der ANC der Nationalen Wahlbehörde (IEC) zufolge am Samstag bei 40,11 Prozent. Das bedeutet einen dramatischen Machtverlust von rund 17 Prozentpunkten für die Regierungspartei, die 2019 noch 57,5 Prozent der Stimmen erhalten hatte.

Wahldebakel

Für die Partei des einstigen Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela bedeutet das mehr als ein massives Wahldebakel. Noch nie musste die ehemalige Befreiungsbewegung politische Kompromisse schließen. 

Die Zeit für die jetzt nötige Koalitionsbildung ist knapp berechnet: Innerhalb von 14 Tagen nach der offiziellen Verkündung des Wahlergebnisses durch die IEC müssen die 400 neugewählten Parlamentarier eine Regierung bilden und einen Präsidenten wählen.

Mögliche Koalitionspartner 

Als Koalitionspartner kommen politischen Kommentatoren zufolge hauptsächlich zwei Parteien infrage: Zum einen die wirtschaftsliberale Demokratische Allianz (DA), die den vorläufigen Teilergebnissen zufolge bei 21,71 Prozent steht. Die DA ist ideologisch zwar weit vom ANC entfernt, hat sich jedoch bereits auf Provinzebene bewiesen: Sie regiert seit 2009 die Westkap Provinz, in der sich die Touristenmetropole Kapstadt befindet.

Die andere Option für eine Koalition ist Analysten zufolge ein Zusammenschluss des ANC mit der marxistisch geprägten Partei Economic Freedom Fighters (EFF), die für entschädigungslose Enteignungen im großen Stil und Verstaatlichungen eintritt und laut der vorläufigen Teilergebnisse bei 9,37 Prozent liegt.

Da die EFF vom ehemaligen Vorsitzenden des ANC Jugendverbands, Julius Malema, geführt wird, stehen sich ANC und EFF politisch relativ nahe. Eine solche Koalition könnte aber Investoren verschrecken und die Wirtschaftskrise im Land vertiefen.

Ramaphosa will nicht zurücktreten

Der ANC schwieg am Samstagvormittag. Die stellvertretende ANC-Generalsekretärin, Momvula Mikonyane, hatte am Vortag lediglich in einer kurzen Presseunterrichtung versichert, Präsident Cyril Ramaphosa werde nicht zurücktreten. Ob Ramaphosa jedoch vom Parlament für eine fünfte Amtszeit als Staatsoberhaupt wiedergewählt wird, ist jetzt unklar. 

Der 71-Jährige galt einst als Hoffnungsträger für die Regenbogennation. Er hatte 2018 Zuma entmachtet, der den Staat über viele Jahre systematisch ausgebeutet hatte. Heute wird Ramaphosa aber vorgehalten, er sei während seiner sechsjährigen Amtszeit aufgrund innerparteilicher Machtspiele weitgehend handlungsunfähig gewesen.

"Gewinn für Südafrikas Demokratie"

Der Vorsitzende der DA, John Steenhuisen, bezeichnete das Ergebnis der Parlamentswahl als "Gewinn für Südafrikas Demokratie", auch wenn die Regierungsbildung noch offen ist. "Um Südafrika zu retten, musste die absolute Mehrheit des ANC gebrochen werden, und das haben wir erreicht", sagte Steenhuisen.

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