Es waren nur wenige Minuten in der Sendung von Sandra Maischberger, die für Aufsehen sorgten: Von Wirtschaftsminister Robert Habeck will die Talkmasterin wissen, ob er am Ende dieses Winters in Deutschland mit einer Insolvenzwelle rechne. Die Antwort des Grünen-Politikers: „Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren.“
Als Beispiel nennt Habeck Blumengeschäfte, Bioläden und Bäckereien, weil diese Läden „darauf angewiesen sind, dass die Menschen Geld ausgeben“. Solche Betriebe hätten dann wirkliche Probleme, weil es eine Kaufzurückhaltung gebe. „Dann sind die nicht insolvent automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen“, sagt Habeck - und sorgt damit insbesondere bei der Opposition für eine Mischung aus Häme, Verwirrung und Empörung.
"Nicht mit ansehen..."
CDU-Chef Friedrich Merz bescheinigt Habeck Hilflosigkeit. „Man kann nur hoffen, dass ein Großteil der deutschen mittelständischen Unternehmer und vor allem der Bäckerinnen und Bäcker um diese Uhrzeit schon im Bett gelegen haben und geschlafen haben und das nicht mit ansehen mussten“, sagte Merz, der dem Wirtschaftsminister insgesamt Hilflosigkeit in der aktuellen Krise bescheinigt.
Am Donnerstag schoß Habeck zurück und versprach einen "breiten Rettungsschirm" aufzuspannen. Dafür werde das Energiekosten-Dämpfungsprogramm für die Industrie auch für diese Firmen geöffnet.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) springt Habeck bei. Seine Aussagen seien zutreffend, schreibt Marcel Fratzscher auf Twitter. „Temporäre Schließungen sind in der Branche nicht ungewöhnlich.“
Habeck steht seit Wochen und Monaten unter enormem Druck. Mit dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die Energiefrage wie kaum ein anderes Thema in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Bereits Mitte August hatte der Ärger begonnen. Da stellte der Wirtschaftsminister die umstrittene Gasumlage vor, die handwerklich nicht gut gemacht war. Denn auch Unternehmen, die hohe Gewinne machen, wollen einen Großteil ihrer Belastungen auf die Verbraucherinnen, also auch auf die Bäcker umlegen. Die Empörung ist groß.
Die technischen Unmöglichkeiten des Stand-by-Betriebs
Auch die Atomdebatte läuft für den Vorzeige-Grünen unglücklich. Habeck hatte am Montag erklärt, er wolle zwei von drei noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke als Notfallreserve bis ins Frühjahr 2023 hinein bereithalten. Auch die Kraftwerksbetreiber sind unglücklich und halten den Streckbetrieb „für technisch nicht machbar“.
Das Risiko, einen Atommeiler bei Bedarf hochzufahren, sei viel zu riskant. Sein Unternehmen besitze damit „keine Erfahrungswerte“, schrieb Guido Knott, Chef der E.ON-Tochter Preussen Elektra, die das Kraftwerk Isar 2 in Bayern betreibt. Habecks Ministerium antwortete, dass es sich wohl um ein Missverständnis handelte. Und Habeck setzte nach: Der Konzern habe das Konzept des Stand-by-Betriebs offenbar nicht verstanden. Experten zweifeln grundsätzlich an der technischen Möglichkeit eines solchen Stand-by-Betriebs.
Reinhard von Eben-Worlée, Präsident der deutschen Familienunternehmer sagte dem Handelsblatt: „Herr Habeck versteht gar nicht, wie er der Wirtschaft mit seinen falschen Energieentscheidungen mittlerweile regelrecht den Boden unter den Füßen wegzieht.“
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