Strenge Kriterien für Einwanderung

Die City von Sydney von der Hafeneinfahrt aus gesehen. Die Lage der Fünf-Millionen-Einwohner-Stadt ist ebenso einmalig wie das ganzjährig schöne Wetter.
Der Kontinent "Down Under" wächst und wächst und wird 2050 rund 40 Millionen Einwohner haben.

Australien beherbergt derzeit rund 24 Millionen Einwohner. Bis 2050 will es auf 40 Millionen wachsen, bis 2100 auf rund 80 Millionen. Dann hat es zumindest in der Kopfzahl sein Mutterland Großbritannien eingeholt.

250.000 Migranten werden derzeit jährlich ins Land gelassen. "Während man früher im Ausland für Einwanderer geworben hat, kommen jetzt die Menschen von sich aus und wollen nach Australien", erklärte der Deutsche Paul König vor der 19-köpfigen Delegation der oberösterreichischen Wirtschaftskammer, die unter der Führung von Präsident Rudolf Trauner Sydney und Melbourne im Rahmen einer Marktsondierungsreise besucht hat. König ist selbst 1974 eingewandert. Er arbeitet als Anwalt, Steuer- und Unternehmensberater und war Vorsitzender der deutsch-australischen Handelskammer. Um sich vor einer Einwanderungsflut aus Asien zu schützen, sind die Kriterien für die Einwanderung inzwischen sehr streng. Menschen mit Mangelberufen wie Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern und Techniker werden ebenso bevorzugt wie ausländische Studenten, die in Australien ihr Studium abgeschlossen haben. Wer älter als 40 ist, hat kaum eine Chance. Die Einwanderer müssen gesund sein, Englisch sprechen und entsprechende Fähigkeiten und Ausbildungen nachweisen. Der Einwanderungsantrag kostet 1200 Euro, unabhängig davon, ob er positiv oder negativ beschieden wird. Weil die Sache inzwischen relativ schwierig ist, haben sich Anwälte und andere Experten als Einwanderungsberater etabliert. Die Flüchtlingsströme lassen die australischen Behörden relativ unberührt, sie nehmen lediglich 25.000 Syrer auf.

Verhaltene Stimmung

Auch wenn die Stimmung im Land derzeit nicht sehr gut ist, ist König "trotzdem äußerst optimistisch". Die Wirtschaft wächst seit 25 Jahren ununterbrochen, für 2016 wird ein Wachstum von rund drei Prozent prognostiziert. Aber das Ende des Minenbooms schlägt doch auf den Magen. Der China-Turbo verlangte nach immer mehr Rohstoffen aus Australien, Eisenerz, Kohle etc. erzielten auf den Weltmärkten neue Rekordpreise. "Der Minenboom hat zu einer Blase geführt. Meine 23-jährige Enkelin erhielt als Security-Officer bei einem Minenunternehmen 180.000 Euro", erzählt König, "ein Lkw-Fahrer erhielt 150.000 Euro". Minenunternehmen hätten Automechaniker mit Löhnen von 65.000 Euro abgeworben, die Firmenbesitzer hätten in die USA und nach England fahren müssen, um neue Mechaniker anzuwerden. Heute seien viele der ehemaligen Minenbeschäftigten arbeitslos, denn die Rohstoffpreise sind wegen der China-Schwäche teilweise um die Hälfte gefallen. Australiens Gehälter und Löhne sind ähnlich denen in Österreich, sie werden aber lediglich zwölf Mal ausbezahlt. Der Urlaub beträgt vier Wochen, die Arbeitszeit 38 Stunden.

Das Ende Booms macht sich auch in den Staatskassen bemerkbar. So wird eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von zehn auf zwölf Prozent ebenso diskutiert wie Privatisierungen im Gesundheitssystem.

Ungebrochen hoch sind die Immobilienpreise. Ein durchschnittliches Haus kostet 400.000 Euro. Es ist aber qualitätsmäßig nicht mit österreichischen vergleichbar, denn es sind einfach gemachte Fertigteilhäuser ohne Isolierungen. Michael Kobros ist gebürtiger Münchner und Vertrauensanwalt des österreichischen Außenwirtschaftscenters Sydney, seine Frau ist Ärztin. "Wir haben uns damals am Bondi Beach ein Haus gekauft. Heute ist es 15-mal so teuer. Wir könnten es uns nicht mehr leisten."

Obwohl die Menschen gut verdienen, ist das Leben teuer. Die Qualität der öffentlichen Schulen ist durchwachsen. Wer sich die 20.000 Euro Schulgeld pro Jahr leisten kann, schickt das Kind in eine Privatschule. Auch für die Pension muss im Wesentlichen privat vorgesorgt werden.

Sydney. „Ich habe ein Haus mit einem Pool, drei Kinder und einen super Job. Ich habe mir in Australien alles erfüllen können.“ Die 55-jährige Ursula Bachler, die aus Prambachkirchen stammt, kam nach den Olympischen Spielen im Jahr 2000 nach Australien, sie hat ihren Schritt nie bereut. Sie folgte damals ihrem Mann nach, der hier als Verfahrenstechniker für Andritz gearbeitet hat. 2004 kam es zur Scheidung, er kehrte nach Österreich zurück, sie aber blieb mit den Söhnen. Sie ist begeistert von ihrer Arbeit als Physiotherapeutin in einem Altersheim, „das ist mein Lebensinhalt“. Das Tolle sei das ganzjährig schöne Wetter und die Weite des Landes, erzählt sie. Alle sieben Jahre fahre sie nach Hause.

Wirtschaftskammerpräsident Rudolf Trauner hatte bei seiner Marktsondierungsreise in Australien die ausgewanderten Landsleute zu einem Abendempfang geladen. Er fand auf einem kleinen Schiff statt, das durch den Hafen von Sydney schipperte. „50.000 Australier haben Wurzeln in Österreich“, erläuterte Johannes Aigner von der österreichischen Botschaft. „Davon sind 17.000 in Österreich geboren.“ Australien sei riesig groß und erstrecke sich von West nach Ost wie Linz nach Teheran. Hinter der australischen Freundlichkeit stecke harte Arbeit und eine Hartnäckigkeit, die teilweise bis zur Sturheit gehen könne.

Anita Parer stammt aus Wolfsbach bei Seitenstetten und ist seit zehn Jahren in „Down Under“. Sie arbeitet für einen amerikanischen IT-Konzern und leitet ein Team von Managern, die Projekte in Asien und Australien abwickeln. Positiv findet sie die Lebenseinstellung und den Multikulturalismus in den Städten. „Die Leute kommen aus der ganzen Welt und arbeiten zusammen. Es funktioniert einfach.“
Rosemarie Leibetseder (58) kommt aus Gallneukirchen und führt gemeinsam mit ihrem Mann eine Firma, die Wintersportgeräte nach Australien liefert. Einmal jährlich geht es nach Hause. Franz Sodia stammt aus Ferlach (Kärnten) und vertritt die Schienensparte der voestalpine. „Es ist ein Privileg, da leben und arbeiten zu dürfen. Die ganze Nation definiert sich über Werte und über die Sprache.“ Die Werte seien die Presse- und Meinungsfreiheit, die Gleichheit aller, auch der Geschlechter, die Chancengleichheit und der gegenseitige Respekt.


Robert Utz ist Chefvolkswirt bei der Weltbank und betreut von Sydney aus die Staaten Ostasiens und des Pazifiks. Der Urfahraner hat an der Kepler-Uni studiert. Das Doktorat machte er in Atlanta (USA). Von 1998 bis 2010 war er in der Weltbank-Zentrale in Washington, es folgten dreieinhalb Jahre in Marseille. Seit 2013 ist er in Australien stationiert. Er ist mit einer Inderin verheiratet, die ebenfalls für die Weltbank tätig ist.

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