Aquarius-Streit zwischen Italien und Frankreich eskaliert

Nach der scharfen Kritik Macrons an Italiens neuer Regierung bestellte der Außenminister den Botschafter ein.

Nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Italien wegen der Weigerung, mehr als 600 Flüchtlingen im Mittelmeer aufzunehmen, scharf kritisiert hatte, hat der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi den französischen Botschafter in Rom, Christian Masset, am Mittwoch zu einem Gespräch einbestellt. Dies teilte das italienische Außenministerium mit. Milanesi forderte von Frankreich eine Entschuldigung, denn: "Frankreichs Vorwürfe beeinträchtigen unsere Beziehungen", sagte der Außenminister.

Die neue Regierung in Rom zeige "Zynismus und Verantwortungslosigkeit", sagte Macron nach Angaben eines Regierungssprechers am Dienstag am Rande einer Kabinettssitzung in Paris. Der Sprecher von Macrons Partei "La Republique En Marche", Gabriel Attal, hatte das Verhalten der italienischen Regierung im Umgang mit dem Rettungsschiff "Aquarius" als "ekelerregend" bezeichnet.

Wegen der Spannungen zwischen Rom und Paris hat auch Italiens neuer Wirtschaftsminister Giovanni Tria ein am Mittwochnachmittag in Paris geplantes Treffen mit seinem französischen Amtskollegen, Bruno Le Maire, abgesagt.

Unterwegs in Richtung Spanien

Die rechte Lega, der der italienische Innenminister Matteo Salvini angehört, hatte scharf auf Macrons Kritik reagiert. Frankreich schiebe täglich Migranten an der italienischen Grenze ab. "Die Franzosen und nicht Italien sind unmenschlich", betonte die Fraktionschefin der Lega im EU-Parlament, Mara Bizzotto.

Nach der Sperrung der italienischen Häfen für das Rettungsschiff "Aquarius" sind die Seenotretter mit Hunderten Migranten in Richtung Spanien unterwegs. Ein Großteil der 629 geretteten Migranten stiegen auf zwei Schiffe der italienischen Marine und Küstenwache um. Diese fuhren dann zusammen mit der "Aquarius" am Dienstagabend los ins rund 1500 Kilometer entfernte Valencia.

932 Flüchtlinge in Sizilien angekommen

Ein Schiff der italienischen Marine mit 932 Flüchtlingen, die am Wochenende im Mittelmeer gerettet wurden, ist derweil am Mittwoch im Hafen der sizilianischen Stadt Catania eingetroffen. An Bord befanden sich auch zwei Leichen, berichteten italienische Medien.

Die zum Großteil aus Eritrea stammenden Migranten, darunter viele Familien mit Kindern, waren bei sieben Einsätzen im Mittelmeerraum gerettet wurden. In mehreren Häfen Siziliens sind am Mittwoch Demonstrationen antirassistischer Organisationen mit dem Slogan "Öffnet die Häfen" geplant.

"Tief beschämend""

Auch UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi nannte den Streit um die "Auarius" "tief beschämend". "Ich schäme mich als Europäer, wenn ein Boot herumfahren muss und keinen Hafen hat, in dem es anlegen kann", sagte Grandi am Mittwoch in Genf.

"Die Rettung auf dem Meer ist sakrosankt, egal wer in einem Boot ist." Italien hat der "Aquarius" mit mehr als 600 Flüchtlingen an Bord die Landung verweigert. Spanien nimmt die Menschen nun auf.

Grandi räumte ein, dass Migrationsströme immer komplexer würden, weil sowohl schutzbedürftige Flüchtlinge als auch Migranten auf der Suche nach einem besseren Leben unterwegs seien. Er zeigte auch Verständnis für Italien, das in der Europäischen Union mehr Solidarität und Hilfe bei der Versorgung von Flüchtlingen verlangt.

Grundsätzlich müsse sich die Weltgemeinschaft viel mehr Gedanken darüber machen, Fluchtgründe zu bekämpfen. "Solange wir nicht darauf schauen, warum die Menschen fliehen, werden wir das Problem nicht lösen", sagte Grandi, Chef des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Die Organisation legt nächsten Dienstag ihre neuen Flüchtlingszahlen vor.

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