Streik und Streit bei der Deutschen Bahn
Vor der großen Anzeigetafel am Berliner Hauptbahnhof, wo sich sonst die Menschen drängen, gab es an diesem Mittwoch nicht viel zu sehen: Eine Zugverbindung ging nach München, eine nach Düsseldorf und Hamburg, dazu ein paar Regionalbahnen. Mehr nicht. Die andere Hälfte der Tafel war leer.
Seit der Nacht zu Mittwoch streikt in Deutschland die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) – 95 Prozent haben zuvor dafür gestimmt. Wer die Webseite der Deutschen Bahn am Mittwochmorgen besuchte, wurde angehalten, seine Reisen möglichst zu verschieben.
Für Berufspendler, Urlaubsrückkehrer oder jene, die noch unterwegs sind – in 11 der 16 Bundesländer sind Schulferien – werden die nächsten Tage beschwerlich. Sie müssen bis Freitagfrüh um 2 Uhr mit Verspätungen und Zugausfällen rechnen.
„Ob wir weiter streiken und wann, entscheiden wir nicht am Freitagmorgen, wenn wir aus dem Streik rausgehen, sondern das entscheiden wir nächste Woche“, sagte Claus Weselsky, Chef der Lokführergewerkschaft, im ZDF. Was ihn und seine Leute antreibt: Ein besseres Angebot bei den Tarifverhandlungen mit der Bahn. Die GDL verlangt eine Einkommenssteigerung von 3,2 Prozent und eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll 28 Monate betragen. Die Bahn wiederum schlug mit Blick auf die Milliardenverluste während der Pandemie und Flutschäden einen länger laufenden Tarifvertrag und spätere Erhöhungsstufen bei gleicher Prozentzahl vor. Weselsky findet das aber „unanständig lang“ und verweist in Interviews auf die Boni in den Führungsetagen. „Auch unsere Leute haben unter erschwerten Bedingungen gearbeitet. Das verdient Anerkennung“, erklärte er im Interview mit der Zeit. Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner des Landes hätten „die Nase gestrichen voll“.
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