Straße von Hormus: Irans Kamikaze-Drohung nach dem US-Bombenangriff

Nach dem Bombenangriff auf Atomanlagen droht der Iran US-Präsident Donald Trump mit Konsequenzen. Zu möglichen Gegenschlägen des Irans könnten weitere Luftangriffe auf Israel, Attacken auf US-Truppen im Nahen Osten, Terroranschläge in den USA sowie eine Schließung der Schifffahrtsstraße von Hormus gehören. US-Außenminister Rubio warnte Teheran davor, die für Öltransporte aus dem Persischen Golf wichtige Seeroute zu blockieren. Zugleich gab sich Washington aber weiter gesprächsbereit gegenüber der Führung in Teheran.
Das iranische Parlament billigte jedenfalls einem Medienbericht zufolge eine Sperrung der Schifffahrtsstraße. Ein solcher Schritt erfordere aber eine Zustimmung des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, berichtet der iranische Sender Press TV.
Was aber ist die Straße von Hormus und warum steht sie so im Fokus geopolitischer Machtspiele?
Sie ist schmal – etwa 50 Kilometer an der engsten Stelle – und doch global von immenser Bedeutung: Täglich passieren hier 3,18 Milliarden Liter Öl. Und 20 Prozent des weltweiten Flüssiggasverbrauchs. Wer die Straße von Hormus kontrolliert oder sie auch nur bedroht, kontrolliert die Energiepreise in Europa und Asien. Und das weiß auch Teheran.
Nervöse Märkte
Seit Beginn der israelischen Operation „Rising Lion“ häufen sich in den iranischen Staatsmedien die Meldungen, wonach der Iran eine Atombombe auf wirtschaftlicher Ebene zünden könnte – und die Straße von Hormus schließt. Nach dem Bombardement durch die USA wird das erneut zum Thema.
Dass diese Drohung ernst genommen wird, zeigt schon zuletzt der Blick auf die Märkte. Binnen weniger Tage schnellten die Ölpreise um 15 Prozent nach oben – und das, obwohl noch kein einziger Tanker gestoppt wurde. Der Preisanstieg zieht allerdings nicht mehr so stark an: „Der Markt ist beruhigt durch die Tatsache, dass es zwar Angriffe auf die Energieinfrastruktur gegeben hat, diese jedoch auf die heimischen Energiesysteme beider Länder beschränkt waren“, zitiert die Financial Times Homayoun Falakshahi, den Leiter des Bereichs Rohöl bei dem Energieanalyseunternehmen Kpler.
Hoher Preis für Iran
Doch das Risiko bleibt bestehen. Was würde passieren, wenn die Islamische Republik tatsächlich ihre Seestreitkräfte in Marsch setzen und Drohnen, Raketen oder Schnellboote in Stellung bringen würde? Militärisch betrachtet wäre eine Blockade möglich – zumindest kurzfristig.
Doch der Preis dafür wäre hoch. Auch für den Iran selbst: Rund 65 Prozent seiner Staatseinnahmen stammen aus dem Export von Öl. Fast alles davon verlässt das Land durch die Straße von Hormus. Eine Selbstblockade käme einer wirtschaftlichen Selbstsabotage gleich – einem Schuss ins eigene Knie. Dennoch bleibt die Option im Raum.
China hauptbetroffen
Schon ein temporärer Engpass – selbst nur wenige Tage – würde weltweite Börsen verunsichern, Lieferketten ins Wanken bringen und neue Inflationswellen auslösen. Vor allem in China, Indien, Japan – aber auch in Europa. Angesichts einer möglichen Blockade hat China auch die Weltgemeinschaft aufgefordert, sich stärker für eine Deeskalation einzusetzen.
Gerade der Handel mit Flüssiggas (LNG) ist ein wachsendes Geschäft, das nach dem russischen Angriff auf die Ukraine für Europa an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen hat. Etwa 18 Milliarden Kubikmeter LNG, die durch Hormus fließen, landen jährlich in europäischen Häfen. Der Verlust dieser Mengen wäre sofort spürbar.
Doch nicht nur Energie, auch Güter des Welthandels sind betroffen. Die Häfen von Jebel Ali und Khor Fakkan sind für viele Frachter Zwischenstationen auf dem Weg nach Europa, Ostafrika oder Südasien. Wer hier blockiert, trifft ganze Lieferketten.
Beispiel Houthis
Und das nicht nur im Persischen Golf. Wie effizient eine „sanfte Blockade“ wirken kann, zeigt das Beispiel der Huthi-Miliz im Roten Meer.
Seit Monaten reichen dort vereinzelte Raketen- oder Drohnenangriffe – oder auch nur deren Androhung – aus, um Reedereien zur Kursänderung zu zwingen. Die Folge: Der Schiffsverkehr durch den Suezkanal hat sich um bis zu 50 Prozent reduziert. Versicherungskosten steigen, Transitzeiten über das Kap der Guten Hoffnung verlängern sich um bis zu zwei Wochen, Kosten explodieren. Ein ähnliches Szenario könnte auch in der Straße von Hormus entstehen – ohne dass Teheran sie offiziell „schließt“.
Eine vollständige Blockade der Straße von Hormus ist aus wirtschaftlicher Sicht für den Iran unwahrscheinlich. Doch der strategische Hebel liegt nicht in der Umsetzung, sondern in der Möglichkeit. Schon die Aussicht auf einen Engpass reicht, um Märkte zu nervös zu machen, Versicherungen zu erhöhen und politische Gespräche unter Druck zu setzen.
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