Zwei Außenminister auf Du und Du

Bei seinem Besuch in Moskau übte sich Deutschlands Chef-Diplomat Steinmeier in Konfliktvermeidung.

Dass Außenminister einander duzen, ist nichts alltägliches. Schon gar nicht, wenn es die Außenminister Deutschlands und Russlands tun. Und schon überhaupt nicht angesichts des bestimmenden Themas: Ukraine.

Dazu hatte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag schon mit Spitzenpolitikern in Kiew und später dann eben in Moskau mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow konferiert. Auf der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz hatte sich Steinmeier dann sogar für verstärkte Kontakte zwischen Europa und der Eurasischen Gemeinschaft eingesetzt, mit der Moskau die Reintegration ehemaliger Sowjetrepubliken vorantreiben will. Vorurteile, so Steinmeier mit Blick auf das eurasische Störfeuer gegen die Integration der Ukraine in westeuropäische Strukturen, müssten abgebaut werden. Ebenso das zuletzt gewachsene Misstrauen. Gemeinsam gelte es zu verhindern, dass 25 Jahre nach dem Mauerfall erneut ein geteiltes Europa entsteht.

Zwar hielten beide Seiten weiter an ihren unterschiedlichen Wertungen der Entwicklungen in der Ukraine fest. Dennoch war der Tonfall ausgesprochen freundlich – womit in Moskau nach der scharfen Kritik von Kanzlerin Angela Merkel an Putins Ukraine-Politik niemand gerechnet hatte.

Dabei beharrt Moskau auf seinem Standpunkt: Russland will von der Ukraine "hundertprozentige Garantien" für den Verzicht auf einen NATO-Beitritt. So der Pressesprecher von Kremlchef Wladimir Putin am Mittwoch gegenüber BBC. Die NATO habe in der Ukraine-Krise versucht, das Kräftegleichgewicht in Europa zu stören, Moskau sei über die "allmähliche Stationierung von Allianzkräften in der Nähe der russischen Grenzen beunruhigt".

Russland, so Putins Sprecher weiter, werde sich nicht in eine Konfrontation einbeziehen lassen, die dem Land verstärkt aufgezwungen werde. Moskau sei zu einem gleichberechtigten Dialog zu allen Problemen bereit.

Besuch auch bei Putin

Hintergrund waren womöglich Gerüchte, wonach Moskau die pro-russischen Separatisten in der Südostukraine fallen lässt, wenn Kiew bei der geplanten Verfassungsreform den blockfreien Status der Ukraine fortschreibt. Unklar ist bisher, ob das Thema auch bei der Unterredung mit Steinmeier erörtert wurde, den Putin Dienstagabend überraschend zu einem über einstündigen Gespräch empfing. Der Meinungsaustausch sei "ernsthaft und offen" gewesen, verlautete aus Delegationskreisen. Es sei um Wege aus der Ukraine-Krise gegangen, die "neue Perspektiven der Kooperation eröffnen könnten". Die Botschaft an Steinmeier zwischen den Zeilen: Im Verhältnis zwischen Russland und Europa im Allgemeinen und zu Deutschland im Besonderen dürfe nicht noch mehr Porzellan zerschlagen werden.

Zurück in Berlin war Steinmeier dann sichtlich bemüht, seine amikal wirkende Moskau-Visite in anderes Licht zu stellen: "Wir sind nach Lage der Dinge leider, leider immer noch weit entfernt von einer Entschärfung – und noch weiter von einer politischen Lösung", sagte er über den Ukraine-Konflikt. Es gebe gravierende Unterschiede in der Wahrnehmung des Konfliktes.

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