Völkermord in Srebrenica: Gedenken an die Opfer

Die meisten Opfer wurden auf dem Friedhof von Potocari beigesetzt.
Zehntausende gedachten der Opfer des Massakers von 1995. Bisher 37 Kriegsverbrecher verurteilt.

Zehntausende Menschen haben am Samstag im ostbosnischen Srebrenica der über 8.000 Opfer des Völkermordes vor 20 Jahren gedacht. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs der Region erwiesen den Opfern dieses größten Kriegsverbrechens nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa die letzte Ehre.

Die ausländischen Politiker und Parlamentarier trugen sich in zwei Kondolenzbücher ein, die im ehemaligen Hauptquartier der niederländischen UNO-Truppen in Srebrenica ausgelegt worden waren. Das sogenannte Dutchbat hatte das Massaker nicht verhindern können, obwohl Srebrenica von den Vereinten Nationen zur "sicheren Schutzzone" erklärt worden war.

Frauen vieler Opfer verteilten als Anstecker die "Blume Srebrenicas". Sie erinnert mit ihren weißen Blüten an die Unschuld der Ermordeten und mit dem grünen Zentrum an das Prinzip Hoffnung.

Außenminister Sebastian Kurz betonte in einer Aussendung, das Gedenken stehe vor allem im Zeichen des Mittrauerns mit den Hinterbliebenen. "Zugleich bleibt die weitere entschlossene gerichtliche Verfolgung aller Täter Voraussetzung für Gerechtigkeit sowie Aufarbeitung, und somit für Vergebung und Versöhnung", fügte Kurz an. "Die Lehren aus dem Geschehenen richten sich daher auch an die internationale Gemeinschaft, im Gegensatz zu unserem damaligen Versagen in Zukunft entschlossen zu handeln."

Update: Bei der Gedenkfeier kam es zu Ausschreitungen aufgebrachter Demonstranten. Serbiens Premier Aleksandar Vucic wurde von Gedenkfeier in Srebrenica vertrieben. Mehr dazu lesen Sie hier.

Bisher 37 Verurteilungen

Vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) und dem für Kriegsverbrechen zuständigen Gericht Bosnien-Herzegowinas sind bisher 37 Personen verurteilt worden, davon 14 in Den Haag und 23 in Sarajevo.

Das Haager Gericht, dass 2004 zum ersten Mal das Massaker als Völkermord bezeichnet hatte, verhängte bisher drei lebenslange Haftstrafen, weitere elf Angeklagte wurden zu insgesamt 190 Jahren verurteilt, berichtete der TV-Sender RTBVBIH am Samstag. In Sarajevo wurden 23 Angeklagte zu insgesamt 440 Jahren Haft verurteilt.

Vor dem Haager Gericht sind die Prozesse gegen die beiden Hauptangeklagten, den ehemaligen Präsidenten der Republika Srpska, Radovan Karadzic, und seinen Militärchef Ratko Mladic, noch im Gang.

Nach der Einnahme der UNO-Schutzzone Srebrenica durch bosnisch-serbische Truppen am 11. Juli 1955 wurden in der Umgebung der Kleinstadt rund 8.000 bosniakische (muslimische) Stadteinwohner brutal ermordet. Es sei die Zeit gekommen, um sich an den Türken zu rächen, erklärte Mladic bei der Ankunft in der Kleinstadt. Die Leichen der Opfer wurden später in 75 Massengräbern und an 150 anderen Stellen entdeckt. Nach etwa 1.200 Personen wird weiterhin gesucht.

Auf dem Friedhof von Potocari unweit von Srebrenica wurden bisher 6.241 Massakeropfer beigesetzt, weitere 230 an anderen Stellen. Am Samstag werden 136 Massakeropfer in Potocari ihre letzte Ruhestätte finden. 18 von ihnen waren im Juli 1995 minderjährig. Die gesamte Opferzahl wird auf 8.372 geschätzt, 550 Opfer waren minderjährig.

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