Mit den Besuchen will der Spanier vor allem eins: vor der EU-Präsidentschaft seines Landes ab Juli möglichst viele Regierungschefs für seine Projekte gewinnen. Er wünscht sich ein von den Großmächten unabhängiges Europa, das mehr nach Lateinamerika blickt.
Ärger im eigenen Haus
In diplomatischen Kreisen wird sein außenpolitisches Interesse geschätzt. Manchmal wirken seine vielen Reisen aber auch wie eine Flucht vor dem Ärger im eigenen Haus. In der eigenen Partei sowie beim Koalitionspartner gibt es nämlich starke republikanische Bewegungen. „Mit König Felipe IV. pflegt er deswegen ein korrektes, aber kein freundliches Verhältnis“, sagt der spanische Monarchie-Kenner José Antonio Zarzalejos.
Beliebt bei Frauen
Sánchez’ unerbittlicher Einsatz für Frauen hat ihm Respekt unter diesen verschafft - beim letzten Weihnachtscocktail mit Journalisten wurde er von ihnen fast bedrängt, wobei andere ihn in Zeitungen und Fernsehen auch täglich beschimpfen. Auf Ärger stößt vor allem sein freundlicher Umgang mit den katalanischen Separatisten, auf deren Unterstützung im Parlament er angewiesen ist. Und auch der extremlinke Koalitionspartner wird von einigen Spaniern gefürchtet.
Neues Demokratiebewusstsein in Europa
Kein spanischer Politiker musste so um die Macht kämpfen wie er. Das hat auch mit einem neuen Demokratiebewusstsein in Europa zu tun: Wer Geld aus Brüssel will, muss sauber spielen. Das weiß auch Sánchez, der bereits viele Milliarden Euro aus EU-Fonds für Spanien herausschlagen konnte. Kleinere Länder wie Österreich muss er noch überzeugen, dass diese nicht verschwendet werden - wie in der Vergangenheit seine Vorgänger. Sánchez will sein Land zum grünen Wasserstoff-Händler zwischen Afrika und Europa machen.
Bis dahin muss der Premierminister jedoch noch einige Hürden überwinden, will er die Parlamentswahlen Ende Dezember erneut für sich entscheiden. Stratege Sánchez dürfte aber schon vorgesorgt haben: Sollte er verlieren, so wird gemunkelt, wartet ein hohes EU-Amt auf ihn.
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