Spionage-Skandal: Katalanen wollen Beziehung zu Spanien auf Eis legen

Viele Katalanen wollen die Unabhängigkeit
Mit der Software "Pegasus" soll die Regionalregierung in Barcelona auf dem Höhepunkt des Unabhängigkeitsprozesses abgehört worden sein.

Kataloniens separatistischer Ministerpräsident Pere Aragones drohte am Dienstag, die institutionellen Beziehungen mit Spanien größtenteils auf Eis zu legen, bis die Zentralregierung die Spionagevorwürfe gegen separatistische Politiker aufklärt. Im Regierungspalast in Barcelona sprach Aragones von einer "roten Linie", die überschritten worden sei. Das Vorgehen werde Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Katalonien und Spanien haben.

Die spanische Regierung soll Kataloniens separatistische Regionalregierung zum Höhepunkt des Unabhängigkeitsprozesses zwischen 2017 und 2020 illegal mit der israelischen Software „Pegasus“ ausspioniert haben. Aragones verurteilte den Vorfall auf Twitter als "Angriff auf Grundrechte und die Demokratie" und forderte eine Stellungnahme und Erklärung des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez.

Mindestens 63 Mobiltelefone abgehört

Laut einem Report der kanadischen Forschungsgruppe Citizen Lab wurden die Mobiltelefone von mindestens 63 katalanischen Separatistenführer mit dem System gehackt und abgehört, berichten am Dienstag spanische Medien. Unter ihnen befinden sich der heutige katalanische Regionalpräsident Pere Aragones, dessen Amtsvorgänger Quim Torra und Artur Mas sowie verschiedene Mitglieder der damaligen Regionalregierung, des Parlaments sowie Anwälte und Vertreter verschiedener separatistischer Bürgerbewegungen.

Neben Aragones und dessen Amtsvorgängern Quim Torra und Artur Mas sollen zahlreiche Mitglieder der damaligen Regionalregierung, des Parlaments sowie Anwälte und Vertreter verschiedener separatistischer Bürgerbewegungen ausspioniert worden sein.

"Wollen wissen, wer verantwortlich ist"

Kataloniens Ministerpräsident Aragones forderte Spaniens sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez zur sofortigen Klärung des Abhörskandals auf. "Wir wollen wissen, wer für die Spionage verantwortlich ist und sie beauftragt hat", so Aragones. Zudem werden die katalanischen Separatistenparteien offiziell in Madrid eine parlamentarische Untersuchungskommission des Falls beantragen.

Unterdessen kündigten der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont und Separatistenführer Oril Junqueras am Dienstag in Brüssel juristische Schritte gegen die Verantwortlichen an. "In einem demokratischen Europa darf es keinen Raum für Spionage geben", betonte Puigdemont.

Puigdemont und Junqueras sitzen für ihre jeweiligen separatistischen Parteiformationen im Brüsseler EU-Parlament. Junqueras, Kataloniens ehemaliger Vize-Regierungschef, kam wegen seiner Beteiligung am illegalen Unabhängigkeitsreferendum 2017 erst im vergangenen Jahr wieder aus der Haft. Puigdemont war direkt nach dem verbotenen Abspaltungsreferendum von Spanien nach Brüssel ins Exil geflohen. Seitdem verlangt Madrid von Belgien Puigdemonts Auslieferung an die spanische Justiz.

Spanien weist Anschuldigungen zurück

Die spanische Zentralregierung weist unterdessen sämtliche Anschuldigungen zurück. Spanien sei ein Rechtsstaat, "in dem wir nicht spionieren, keine Gespräche abhören und keine Abhörmaßnahmen vornehmen, es sei denn, dies geschieht im Rahmen der Gesetze", erklärte am Dienstag Regierungssprecherin Isabel Rodríguez. Die spanische Regierung werde bei der Untersuchung der Vorwürfe "so weit wie möglich" kooperieren.

Bereits zuvor stellte auch das Innenministerium klar, dass weder die Polizei noch die Guardia Civil die katalanischen Separatistenführer hat abhören lassen. Der spanische Geheimdienst CNI wurde in der Erklärung jedoch nicht genannt, weshalb die katalanische Regionalregierung hier die Verantwortlichen für den illegalen Abhörskandal vermutet.

Kommentare