In jeder einzelnen Region gebe es mehrere Entscheidungsträger, die alle mitreden würden, kommentiert etwa eine Vertreterin der Gesundheitsbehörden in Barcelona die Lage, "und jeder von denen hat seine eigene Sicht der Dinge. Das war nicht besonders hilfreich".
Verbote wieder aufgehoben
Und damit es noch komplizierter wird, mischen sich auch noch die örtlichen Gerichte ein – wie etwa in Madrid – und heben die Rauchverbote, oder auch das Verbot, in der U-Bahn zu essen, als ungesetzliche Einschränkung der Bürgerfreiheiten wieder auf.
Spanien, das schon im Frühjahr das von der Pandemie am stärksten betroffene Land Europas war, ist erneut auf Negativ-Rekordkurs. 20.000 registrierte Neuinfektionen seit Freitag und ein Trend, der seit Tagen nur in eine Richtung zeigt, aufwärts.
Kritik am Regierungschef
Entsprechend massiv ist die Kritik der rechten Opposition am sozialistischen Premier Pedro Sanchez.
Dieser, so fordert es die konservative Volkspartei PP, solle endlich die Zügel in die Hand nehmen und die Maßnahmen gegen die Pandemie landesweit koordinieren, vor allem die neuerliche Verhängung des Ausnahmezustandes. Doch Sanchez, dessen Regierung politisch von der Unterstützung mehrerer Regionalparteien abhängt, verweist darauf, dass das Sache der Regionen sei.
Um trotzdem Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, versucht es Sanchez mit einem politischen Trick. Die Regionen sollten eigenständig über die Verhängung des Ausnahmezustands entscheiden. Sollten sie es aber tun, so Sanchez, könnten sie auf die politische Unterstützung der Zentralregierung zählen. Sogar Soldaten will man extra in die Regionen schicken, um die Abwicklung von Maßnahmen und Verboten zu beschleunigen.
Die Sommersaison ist für Spaniens Tourismus ohnehin gelaufen. Doch nach den Reisewarnungen für das spanische Festland und die Baleareninseln, also Mallorca oder Ibiza – wie sie Österreich und viele andere EU-Länder verhängt haben – droht es jetzt auch noch die Kanarischen Inseln zu erwischen. Denn auch dort steigen die Fälle dramatisch an. Premier Sanchez bleibt vorerst nichts anderes übrig, als sich in Zweckoptimismus zu üben. Da sich derzeit vor allem junge Leute anstecken würden, seien zwar die Infektionsraten hoch, die Zahl der Todesfälle aber niedrig. Die Situation, so Sanchez, sei zwar "besorgniserregend", aber "von der Lage im März sind wir noch weit entfernt".
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