Riesenfrühjahrsputz: Wie ein Österreicher Nordmazedonien zum Aufräumen motiviert

Generalka Weekend
Das von einem Grazer mitinitiierte Event „Generalka Weekend“ bewegt jedes Jahr Tausende zum kollektiven Müllsammeln.

Im Haus, im Park, in der Schule, vor der Firma – im kleinen Westbalkanstaat Nordmazedonien ist der jährliche Frühjahrsputz für viele keine private Angelegenheit mehr. Wie schon in den vergangenen vier Jahren wird auch dieses Wochenende im ganzen Land gemeinsam aufgeräumt. Mit Verwandten, Freunden, Kollegen, Bekannten, Fremden. 

Das sogenannte "Generalka Weekend" ist laut Veranstaltern mit 20.000 Teilnehmern schon 2024 zum zweitgrößten Event des Landes herangewachsen, nur zu den Wahlen gehen demnach noch mehr Menschen. Diesmal könnten es nochmal doppelt bis dreifach so viele werden, hofft man. Die lokalen Medien sind voll mit Berichten darüber, Präsidentin Gordana Siljanovska-Davkova hat am Mittwoch erstmals zur Teilnahme aufgerufen. 

Große Umweltprobleme

Und dahinter steckt ein Österreicher. Eigentlich ist der 51-jährige Grazer Hannes Jäckl Musiker. Als er vor acht Jahren in Skopje auftrat, lernte er die langjährige Journalistin Gordana Sofija, seine heutige Lebenspartnerin, kennen – und blieb dort. Irgendwann beschlossen die beiden, ihre Erfahrungen im Event- und Kommunikationsbereich zu nutzen, um etwas gegen das riesige Müllproblem in Sofijas Heimat zu unternehmen.

Hannes Jäckl und Gordana Sofija

Hannes Jäckl und Gordana Sofija

Allgemein gibt es viel zu tun, was den Umweltschutz in Nordmazedonien angeht. So ist Skopje nach dem bosnischen Sarajevo laut World Air Quality Report aktuell die europäische Stadt mit der schlechtesten Luftqualität. Schon 2018 fand eine Studie heraus, dass die Luft zu diesem Zeitpunkt so sehr verschmutzt war, dass die Bewohner durchschnittlich zwei bis drei Jahre früher starben. 

Im albanisch-mazedonischen, artenreichen Ohrid-See im Südwesten ist die Biodiversität aufgrund des boomenden Tourismus in Gefahr – die Infrastruktur, etwa was Abwasser angeht, ist für die zahlreichen Menschen nicht ausgestattet.

Und dann ist da eben noch der viele Müll, der zu wenig getrennt und recycelt wird. Über eine Million Kilogramm davon hat die Bevölkerung während der "Generalka Weekends" in fünf Jahren bereits gesammelt. Für jeweils zehn Kilo wird ein Baum gepflanzt

"Thema, das uns alle etwas angeht"

"Wir haben nichts neu erfunden", sagt Jäckl über seine und Sofijas Initiative. Es gebe viele Umweltprojekte im Land. Sie seien aber nicht sichtbar gewesen. "Da haben wir uns gefragt: Wie können wir dieses Thema, das uns alle etwas angeht, populär machen?"

Eine Antwort darauf war: es zu einem Event machen, das die Menschen zusammenbringt. Mit Musik, Getränken, T-Shirts. Die meisten positiven Rückmeldungen zur Veranstaltung, so Jäckl, hätten gar nicht so viel mit dem Sauberkeitsaspekt zu tun: "Sondern damit, dass wir alle etwas gemeinsam tun – zum Beispiel mit unseren Nachbarn, die wir oft sehen, aber mit denen wir seit Jahren nicht mehr richtig gesprochen haben."

Gemeinsames Müllsammeln beim "Generalka Weekend", hier in Jegunovce

Gemeinsames Müllsammeln beim "Generalka Weekend", hier in Jegunovce

Zu wenige Mülltonnen

Auch die 33-jährige Freiwillige Ewelina, die in Skopje lebt und bei der Event-Organisation mithilft, sagt: "Ich freue mich am meisten darauf, mit den anderen Teilnehmern eine gute Zeit zu haben." Sie wolle aber auch ein Zeichen setzen und die Regierung dazu motivieren, mehr gegen die Verschmutzung im Land zu tun. Aktivisten kritisieren etwa, dass es viel zu wenige Mülltonnen gibt.

Besonders oft aufgeklaubt werden wohl auch dieses Wochenende wieder weggeworfene Flaschen. Coca-Cola sowie die lokale Bierbrauerei Pivara zählen deshalb zu den Hauptpartnern des Events. Aber auch österreichische Unternehmen, von denen es in Nordmazedonien einige mächtige gibt, sponsern – der niederösterreichische Stromversorger EVN etwa, die Steiermärkische Sparkasse und die Entsorgungsfirma Saubermacher aus Feldkirch bei Graz.

Jäckl sagt, die Aktion habe sich in den vergangenen Jahren mancherorts verselbstständigt. Firmen hätten von selbst begonnen, ganze Viertel aufzuräumen, "ohne dass wir direkt etwas damit zu tun haben". Auch alle Schulen sind diesmal dabei, das Event wird in den Unterricht integriert.

Generalka Weekend

Auch die Bildungseinrichtungen sind an Bord.  

Ewelina wünscht sich, dass das Umweltbewusstsein länger als nur ein Wochenende dauert. "Es wäre schön, wenn es bleibt. Wir räumen intensiv auf. Aber teilweise dauert es nur drei Tage lang, bis es wieder schmutzig ist."

Kommentare