Selbst seine Berater nennen Hollande "Opa"

France's President Francois Hollande (C) poses with Francophone women from the Global Forum following a meeting on March 20, 2013, at the Elysee Palace in Paris. The Global Forum for Francophone women gathered 400 women from 77 countries. REUTERS/Pierre Verdy/Pool (FRANCE - Tags: POLITICS)
Der gemütliche SP-Präsident gerät wegen seines Schlingerkurses in Erklärungsnotstand.

Wegen Selbstverbrennungen mussten Feuerwehr und Rettung binnen vier Wochen 50-mal in Arbeitsämter ausrücken. Begonnen hat die Welle mit dem Freitod eines Arbeitslosen in Nantes. Der Mann, der sich von einem Gelegenheitsjob zum anderen gehantelt hatte, stand mit den Behörden im Clinch, weil seine Tätigkeitsphase für einen Anspruch auf Überbrückungshilfe nicht reichte.

Frankreich zählt täglich 1000 Beschäftigungslose mehr. Bis Jahresende dürfte die Arbeitslosenrate auf über elf Prozent anwachsen. Dazu kommt die weit verbreitete Überzeugung, dass keine Lösung in Sicht sei. Der Pessimismus wird auch durch den Stil von François Hollande genährt. Neun Monate nach seinem Amtsantritt erklärten sich bei einer Umfrage 68 Prozent enttäuscht.

Die Verunsicherung hat sogar enge Mitarbeiter von Hollande erfasst. Sie verpassten ihm den Spitznamen „Pepère“ (Opa): Das zielt auf seine Gemütlichkeit, die ihm ursprünglich als Qualität im Vergleich mit seinem nervigen Vorgänger Nicolas Sarkozy („Speedy-Sarko“) angerechnet wurde. Jetzt sehen viele darin Entscheidungsschwäche und Zynismus.

Durch widersprüchliche Signale hat der SP-Präsident alle gegen sich aufgebracht: Etwa die anfänglich populäre Ankündigung einer Besteuerung von 75 Prozent der Einkommenssegmente von über einer Million Euro pro Jahr wurde im Unternehmermilieu als Kriegserklärung interpretiert. Dabei wurde im Umkreis von Hollande von vornherein gemunkelt, dass dieses Projekt an einem Veto des Verfassungsrats scheitern würde, wie inzwischen auch eingetreten.

Steuernachlässe

Dass der Staatschef umgekehrt Steuernachlässe für Unternehmer und den Abbau des Kündigungsschutzes eingeleitet hat, ist bei Wirtschaftstreibenden kaum angekommen, dafür aber von Gewerkschaften mit Erbitterung registriert worden.

Hollande verbirgt hinter seinem Schlingerkurs ein sozialliberales Projekt, das es Frankreich gestatten soll, bei Wiederanspringen der Konjunktur erfolgreicher als bisher mitzuziehen. Aber dieses Ziel ist auf unbestimmte Zeit verschoben, was schwer vermittelbar ist. Vor Vertrauten analysierte Hollande sein Dilemma: „Die Menschen verstehen nicht, was bei den Anstrengungen am Ende herauskommen soll.“

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