"Seien Sie kein Narr": Trump schrieb Brief an Erdogan

"Seien Sie kein Narr": Trump schrieb Brief an Erdogan
US-Präsident forderte seinen türkischen Amtskollegen in dem Schreiben zu Abkommen mit den Kurden auf.

US-Präsident Donald Trump hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der vergangenen Woche in einem eigenwilligen Brief zu einer friedlichen Lösung im Nordsyrien-Konflikt aufgerufen. Der US-Sender Fox News veröffentlichte am Mittwoch (Ortszeit) eine Kopie des Schreibens, das auch andere US-Medien für echt erklärten.

Datiert ist der Brief auf den 9. Oktober - also jenen Tag, an dem die Türkei mit ihrer hoch umstrittenen Militäroffensive gegen Kurdenmilizen in Nordsyrien begann. Trump ermahnte Erdogan darin, er wolle sicher nicht für den Tod tausender Menschen verantwortlich sein. Andernfalls werde die US-Regierung die türkische Wirtschaft zerstören. Die kurdische Seite sei zu Verhandlungen bereit, schrieb Trump demnach weiter. "Sie können ein großartiges Abkommen schließen."

Erdogan könne auf positive Weise in die Geschichte eingehen, wenn er in dem Konflikt richtig und menschlich handle. Andernfalls werde er als Teufel in die Geschichte eingehen. "Seien Sie kein harter Kerl. Seien Sie kein Narr!", appellierte er an seinen türkischen Amtskollegen. Der Brief endet mit den Worten: "Ich werde Sie später anrufen."

Trump ist seit Tagen massiver Kritik - auch und gerade aus den Reihen seiner Republikaner - ausgesetzt, er habe mit dem Abzug amerikanischer Soldaten aus Nordsyrien überhaupt erst den Weg für Erdogans umstrittene Militäroffensive geebnet. Trump weist die Vorwürfe zurück und argumentiert, er wolle die US-Soldaten aus den "endlosen Kriegen" zurückholen. In einer Pressekonferenz am Mittwoch hatte Trump den Brief an Erdogan selbst erwähnt und betont, er habe Ankara keineswegs grünes Licht für die Militäraktion gegeben, sondern Erdogan vielmehr eine harte Ansage gemacht.

Vizepräsident Pence in Ankara

US-Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo wollen nun am heutigen Donnerstag in Ankara im Nordsyrien-Konflikt zwischen der Türkei und Kurdenmilizen vermitteln. Pence brach am Mittwochabend (Ortszeit) von Washington in Richtung Ankara auf. Am Donnerstag ist ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geplant.

Trump forderte die türkische Regierung zu konstruktiven Verhandlungen mit der US-Delegation auf und drohte andernfalls erneut mit harten Wirtschaftssanktionen. Zugleich machte er deutlich, der Konflikt in Nordsyrien sei nicht das Problem der USA. In der Heimat gerät Trump wegen seines Kurses in dem Konflikt immer stärker unter Druck.

Die türkische Militäroffensive in Nordsyrien läuft seit einer Woche. Sie richtet sich gegen die Kurdenmiliz YPG, die auf syrischer Seite der Grenze ein großes Gebiet kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation. Die YPG-Kurdenmilizen waren im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein enger Verbündeter der USA.

Erdogan schließt Waffenstillstand aus

Die Amerikaner wollen eine Waffenruhe in dem Konflikt erreichen. Die Chancen, damit in Ankara weiterzukommen, dürften jedoch gering sein. Erdogan hatte in der Nacht auf Mittwoch bereits klargestellt, dass ein Waffenstillstand nicht infrage komme, solange das von ihm ausgerufene Ziel nicht erreicht sei: Die Türkei will entlang der syrisch-türkischen Grenze eine sogenannte Sicherheitszone einrichten und die Kurdenmilizen vertreiben, die dort ein großes Gebiet kontrollieren.

Erdogan schloss am Mittwoch außerdem Verhandlungen mit der Gegenseite aus. Es gebe Anführer, die vermitteln wollten, aber die Türkei setze sich nicht mit "Terroristen" an einen Tisch, sagte er.

Nach Einschätzung von Trump haben die Amerikaner keinerlei militärische Verantwortung in dem Konflikt. "Zwei Staaten kämpfen um Land, das nichts mit uns zu tun hat", sagte er am Mittwoch im Weißen Haus. "Es ist nicht unsere Grenze, wir sollten darüber keine Leben verlieren." Trump betonte, die USA seien bemüht, in dem Konflikt zu vermitteln. Mit Sanktionen und Zöllen sei mehr zu erreichen als mit militärischer Macht.

Der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham beklagte, Trumps Aussage, der Konflikt sei nicht Sache der USA, untergrabe die Vermittler-Mission von Pence und Pompeo vollkommen. Graham ist eigentlich ein Vertrauter des US-Präsidenten, liegt mit ihm in der Syrien-Frage aber fundamental über Kreuz.

Trump ist seit Tagen massiver Kritik - auch und gerade aus den Reihen seiner Republikaner - ausgesetzt, er habe mit dem Abzug amerikanischer Soldaten aus Nordsyrien den Weg für Erdogans Militäroffensive geebnet und die Kurden schändlich im Stich gelassen.

Ernsten Widerstand gegen Trumps Kurs gibt es im US-Kongress. Das Repräsentantenhaus verurteilte den von ihm angeordneten Truppenabzug aus Nordsyrien am Mittwoch mit großer Mehrheit. 354 Abgeordnete - darunter viele Republikaner - stimmten für eine entsprechende überparteiliche Resolution, nur 60 votierten dagegen.

Im Senat treiben mehrere Politiker - allen voran Graham - inzwischen Pläne für eine andere Resolution voran. Sie wollen Erdogan wegen der Militäroperation mit harten Sanktionen belegen. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, äußerte sich am Mittwoch zurückhaltend zu diesen Plänen und plädierte dafür, zunächst die Vermittlungsbemühungen von Pence und Pompeo abzuwarten.

Trump soll Pelosi beleidigt haben

Die Führungsfiguren von Demokraten und Republikanern im Kongress kamen am Mittwoch mit Trump im Weißen Haus zusammen, um über den Konflikt in Nordsyrien zu reden. Das Treffen endete unversöhnlich. Die Demokraten brachen das Gespräch vorzeitig ab und begründeten dies damit, dass Trump die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, beleidigt und respektlos behandelt habe. Unter anderem habe der Präsident Pelosi als "drittklassige Politikerin" beschimpft. Pelosi selbst sprach von einem "Ausraster" Trumps.

Außerdem habe Trump keinerlei Pläne präsentiert, wie er ein Wiedererstarken der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien verhindern wolle.

Auch der UN-Sicherheitsrat warnte am Mittwoch nach Beratungen über die türkische Militäroffensive vor der steigenden Gefahr durch den IS. Der Rat sei "tief besorgt" wegen des Risikos, das von entflohenen Jihadisten ausgehe, sagte der südafrikanische UN-Botschafter Jerry Matjila, dessen Land dem mächtigsten UN-Gremium im Oktober vorsteht.

Die US-Regierung hat der Türkei unterdessen weitere Sanktionen angedroht. "Zusätzliche Sanktionen werden kommen, wenn sie (die Türken) keine Waffenruhe ausrufen", sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin am Mittwoch in Washington. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Sanktionen die "notwendigen Auswirkungen" haben würden.

 

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