"Sehen Briten Zukunft in der EU?"
David Camerons Spielraum wird immer kleiner. Schon vor Wochen hat sich der britische Premier selbst eingeschränkt, indem er unverhohlen mit einem Veto gegen das EU-Budget für die Jahre 2014–2020 drohte: „Es wird keinen Deal geben, wenn es kein guter Deal für Großbritannien ist.“ Camerons Forderung: Der Haushalt der Union solle eingefroren werden, es dürfe kein Budget-Plus geben.
Einigen seiner Parteifreunde reicht nun selbst das nicht. Euroskeptische Hardliner unter den konservativen Abgeordneten stimmten am Mittwoch mit der oppositionellen Labour-Partei für eine Resolution, die Cameron beauftragt, in Brüssel nur einer Kürzung des EU-Budgets zuzustimmen.
Unter Druck
Das ist zwar rechtlich nicht bindend, doch das Signal ist klar: Mit einer Erhöhung des Haushalts braucht Cameron nicht nach Hause zu kommen. Der Premier versprach umgehend, sich für eine Reduktion einzusetzen – auch wenn er weiß, dass diese Position in der Praxis kaum durchzubringen sein wird.
Für den Budgetgipfel am 22. und 23. November in Brüssel hat sich Camerons Handlungsspielraum damit erheblich eingeschränkt: Er kann sich de facto nicht auf jene Staaten zubewegen, die für ein Budget-Plus eintreten. Das bedeutet Ärger, ist das EU-Budget zwangsläufig doch immer ein Kompromiss.
In Brüssel schwindet langsam, aber sicher die Geduld mit den in letzter Zeit offen EU-feindlichen Briten. Haushaltskommissar Janusz Lewandowski fordert von ihnen Klarheit, ob sie in der Union verbleiben wollen oder nicht: „Das Spiel in der EU heißt Kompromiss. Aber natürlich gibt es Grenzen: Wir können nicht mehr Europa mit substanziell weniger Geld schaffen“, sagte Lewandowski der Süddeutschen Zeitung. Großbritannien müsse sich daher entscheiden: „Entweder es sieht für längere Zeit seine Zukunft in der Europäischen Union oder nicht.“
Genau diese Frage hat Cameron nun auch noch einen Koalitionskrach mit den Liberaldemokraten beschert. Deren Chef Nick Clegg warnt vor einer „absoluten Krise, die Großbritannien aus der EU zwingen könnte“. Camerons Ankündigung, aus zahlreichen EU-Verträgen auszusteigen und sich „Macht zurückzuholen“, sei, so Clegg, „ein falsches Versprechen, eingewickelt in die britische Flagge“.
Kompromiss
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ist derweil bemüht, doch noch einen Kompromiss beim Gemeinschaftshaushalt zu erreichen. „Deutschland wird alles tun, um zu versuchen, dass eine Lösung zustande kommt“, sagte Merkel. Veto-Drohungen seien dabei nicht hilfreich.
Am Mittwoch ist ein Treffen Merkels mit Cameron geplant; dabei soll es hauptsächlich um eine Abstimmung zum EU-Budget gehen.
Grundsätzlich tritt Deutschland für ein sparsames Budget ein. Berlin will den Vorschlag der EU-Kommission, die eine Erhöhung der Ausgaben auf rund 1000 Milliarden Euro fordert, um 100 Milliarden kürzen – das fordert auch Österreich. In London spricht man von einer Kürzung um 250 Milliarden. Die zypriotische EU-Präsidentschaft hat diese Woche ein
Verhandlungspapier vorgelegt, das im Vergleich zur Kommission 50 Milliarden einsparen würde.
Kommentare