Schlechte Gesundheit rettet Assange vor Auslieferung in die USA

Julian Assange
Julian Assange hat angebliche US-Kriegsverbrechen und Diplomatenmails enthüllt. Er wird vorerst nicht von Großbritannien in die USA ausgeliefert.

In den USA hätten dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, bis zu 175 Jahre Haft gedroht. Ein Londoner Gericht lehnte am Montag den Antrag der Amerikaner ab, den 49-jährigen Australier auszuliefern. Doch der juristische Kampf ist damit nicht beendet. Assange bleibt in Haft, die Amerikaner gehen in die Berufung.

Die Richterin begründete ihre Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde.

Die Anhänger von Julian Assange haben die Gerichtsentscheidung mit Begeisterung aufgenommen und forderten in Sprechchören seine Freilassung. Doch das Verfahren wird sich hinziehen und dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte landen.

Aufdeckung ungeprüft

Der Fall Assange spaltet: Für die einen ist er ein Held, der Machtmissbrauch aufgedeckt hat. Für die anderen, eben für die USA aber auch für viele westliche Geheimdienste, ist er ein Staatsfeind, der Hunderttausende geheime US-Berichte und Diplomatendepeschen ungeprüft ins Netz gestellt hat und damit das Leben von Informanten und Mitarbeitern der Vereinigten Staaten in Afghanistan und im Irak gefährdete.

Assange begann seine Karriere als begabter Hacker, dafür war er in Australien mehrmals verurteilt worden. Dann wurde er Programmierer, und heute nennt man ihn einen investigativen Journalisten. Doch ohne die Whistleblowerin Chelsea Manning hätte er nie den Coup seines Lebens landen können:

Schlechte Gesundheit rettet Assange vor Auslieferung in die USA

Chelsea Manning, 33

Am 5. Jänner 2010 lud die damals in Fort Drum bei Bagdad stationierte US-Soldatin, IT-Spezialistin und Nachrichtenanalytikerin 400.000 den Irakkrieg betreffende Dokumente aus der geheimen CIDNE-Datenbank herunter und brannte sie auf CDs. Mindestens eine beschriftete sie mit „Lady Gaga“ und transportierte sie aus der Sicherheitszone, kopierte die Daten auf die SD-Karte ihrer Kamera und reiste damit Ende Jänner auf einen zweiwöchigen Heimaturlaub. Dort kontaktierte sie Washington Post und New York Times ohne Erfolg. Ein Besuch bei Politico fiel dem schlechten Wetter zum Opfer. Also wählte sie die Aufdeckerplattform Wikileaks.

Infos fast verschlafen

Manning, die nach jahrelanger Haft von Präsident Barack Obama begnadigt wurde, hatte echte Motive: Sie wollte die Welt auf die brutalen Zustände während des Irakkriegs aufmerksam machen. Julian Assange hätte diese Infos fast verschlafen. Er hatte sich mit Mitstreitern zerkracht und schon damals polarisiert: Als zum Beispiel geheime Kundendaten aus der Julius Bär Bank ungeprüft veröffentlicht und auch Unbeteiligte an den Pranger gestellt wurden.

Erst als sich Manning bei Wikileaks in eine eher unwichtige Debatte über Island eingeschaltet hatte, wurden ihre hochbrisanten Daten „entdeckt“. Manning wurde im Mai 2010 verhaftet.

Wikileaks enthüllte mutmaßliche Kriegsverbrechen und Korruption. So waren 2007 aus einem Armeehubschrauber Zivilisten erschossen worden, darunter auch zwei Reuters-Mitarbeiter.

Julian Assange verbrachte sieben Jahre im Asyl in der Botschaft Ecuadors in London. In dieser Zeit begann er eine Beziehung zu einer Juristin, mit der er zwei kleine Kinder hat. Im April 2019 wurde er den Briten ausgeliefert. Seine psychische Verfassung sei miserabel, klagt seine Familie.

Am Montagnachmittag bot Mexiko Assange politisches Asyl an - wie das bewerkstelligt werden kann, ist allerdings offen.

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