Schadensbegrenzung von Berlin und Ankara

Schadensbegrenzung von Berlin und Ankara
Die Außenminister Deutschlands und der Türkei versuchen, die angespannte Lage zu beruhigen.

Bedauern“ und „Enttäuschung“. Das sind die Worte, die der türkische Europaminister Egemen Bagis in den Mund nimmt, wenn er über die deutsche Haltung zum EU-Beitritt der Türkei spricht. Aber er kann auch härter. Das hat er am Freitagabend bewiesen, als er sagte, Angela Merkel habe bis Montag Zeit, „ihren Fehler“ wiedergutzumachen. Oder am Donnerstag, als er meinte, Merkel solle sich „andere Themen für ihren Wahlkampf“ suchen.

Das Auseinanderdriften zwischen EU und Türkei – und mittlerweile vor allem zwischen Deutschland und der Türkei – hat eine persönliche und emotionale Ebene erreicht. Nach dem Hochkochen von Emotionen und Anschuldigungen sind aber beide Seiten jetzt offenbar um Beruhigung der Lage bemüht. Die Außenminister Deutschlands und der Türkei, Guido Westerwelle und Ahmed Davotoglu, haben sich am Samstag am Rande des Treffens der Syrien-Kontaktgruppe in Doha zusammengesetzt. Danach betonten sie die „konstruktive und freundschaftliche Atmosphäre. Davotoglu hatte zuvor schon vor einer weiteren Verschlechterung der Beziehung zwischen Brüssel und Ankara gewarnt, als EU-Minister Egemen Bagis der Kanzlerin ein Ultimatum für die „Wiedergutmachung ihres Fehlers“ gesetzt hatte.

Diplomatischer Streit

Deutschland hatte sich am Donnerstag gegen die geplante Eröffnung eines neuen Verhandlungskapitels in den Beitrittsgesprächen der EU mit der Türkei ausgesprochen. Der Grund: Das Vorgehen der türkischen Behörden mit der regierungskritischen Protestbewegung in ihrem Land. Schnell spitzte sich der Streit zu. Sowohl Berlin, als auch Ankara beriefen den jeweils anderen Botschafter ins Außenamt ein. Die Türkei zeigte sich trotzig und drohte selbst mit dem Aussetzen der Beziehungen.

Der Türkei war 1999 von der EU Kandidatenstatus erteilt worden, 2005 eröffnete man die Beitrittsgespräche. Doch nur 13 von insgesamt 35 Kapiteln wurden bisher eröffnet. Nur eines – Wissenschaft und Forschung – wurde bis jetzt abgeschlossen. Seit fast drei Jahren lagen die Gespräche auf Eis. Eigentlich hätte am kommenden Mittwoch ein neues Kapitel der Beitrittsgespräche eröffnet werden sollen. Das wäre als kleiner Durchbruch gewertet worden.

Wie heute, Sonntag, in Wien sind gestern in Deutschland Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen den türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan zu demonstrieren. Allein in Köln sollen es 30.000 bis 40.000 gewesen sein. Die Kölner Polizei sprach von einem „erfreulich freundlichen Verlauf“.

Wieder Wasserwerfer

Auch die Proteste in der Türkei gingen am Samstag weiter: Die Polizei hat das erste Mal seit Tagen wieder Wasserwerfer gegen Demonstranten in Istanbul eingesetzt. Sicherheitskräfte räumten am Samstag den zentralen Taksim-Platz in der Millionenmetropole am Bosporus, wo sich mehrere zehntausend Menschen versammelt hatten, um gegen die konservativ-islamische Regierung und die Polizeigewalt zu protestieren.

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