Saudi-Arabien: "Libanons Regierung erklärt uns den Krieg"
Saudi-Arabien sieht sich vom Libanon herausgefordert. Die libanesische Regierung werde als eine Regierung behandelt, "die Saudi-Arabien den Krieg erklärt", sagte der Golfminister des Königreichs, Thamer al-Sabhan, am Montag dem Sender Al-Arabija. Zur Begründung verwies er auf die libanesische Hisbollah-Miliz, die von Saudi-Arabiens Erzrivalen Iran unterstützt wird. Er warf ihr Aggression vor.
Al-Sabhan äußerte sich, nachdem Libanons Ministerpräsident Saad al-Hariri am Wochenende von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt erklärt hatte. Hariri begründete dies mit Angst um sein Leben und warf dem Iran und der Hisbollah vor, Zwietracht in der Region zu schüren.
Sabhan sagte, "es gibt diejenigen, die (die Hisbollah) stoppen und dazu bringen werden, in die Höhlen im Süden des Libanon zurückzukehren". Den Libanesen müssten diese Risiken bewusst sein. Sie müssten "die Angelegenheit" richten, "bevor sie an den Punkt gelangen, von dem es keine Rückkehr gibt".
Die libanesische Regierung reagierte zunächst nicht auf Sabhans Worte. Die Hisbollah ist sowohl eine mächtige militärische als auch eine politische Organisation, die im Parlament des Libanon und in der Regierungskoalition vertreten ist, die unter Hariri im vergangenen Jahr gebildet wurde.
Hariri verlässt Saudi-Arabien
Der zurückgetretene libanesische Ministerpräsident Hariri hat Saudi-Arabien verlassen und ist in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gereist. Dort wolle er Kronprinz Mohammed bin Said treffen, teilte Hariris Büro in Beirut am Dienstag mit. Zwischenzeitlich kamen Gerüchte auf, Hariri stehe in dem Königreich unter Hausarrest.
Der sunnitische Politiker pflegt enge Beziehungen zu Riad. Er besitzt neben der libanesischen auch die saudische Staatsbürgerschaft. Bei seiner Rücktrittserklärung hatte Hariri der im Libanon einflussreichen Schiitenmiliz Hisbollah sowie deren Schutzmacht Iran vorgeworfen, in der Region Unruhe zu schüren.
Hisbollahchef Hassan Nasrallah wiederum machte für Hariris Rücktritt einen Machtkampf in Saudi-Arabien verantwortlich. Riad wies den Vorwurf zurück. Das islamisch-konservative sunnitische Königreich ist ein Erzrivale des schiitischen Iran. In Saudi-Arabien waren am Wochenende zahlreiche Politiker und andere führende Persönlichkeiten unter Korruptionsvorwürfen festgenommen worden.
Saudi-Arabien wirft Iran militärische Aggression vor
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat dem Iran eine direkte militärische Aggression durch Raketenlieferungen an die Houthi-Rebellen im Jemen vorgeworfen. Dies könne einen "kriegerischen Akt gegen das Königreich" darstellen, zitierte die staatliche saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA am Dienstag den Kronprinzen.
Dieser habe sich in einem Telefonat mit dem britischen Außenminister Boris Johnson geäußert. Die saudi-arabische Luftwaffe hatte am Samstag eine Rakete abgefangen, die in Richtung der saudi-arabischen Hauptstadt Riad abgefeuert worden war. Die mit dem Iran verbündeten Houthi-Rebellen reklamierten den Angriff für sich. Die Militärkoalition bezeichnete den Beschuss am Montag als "klare militärische Aggression durch das iranische Regime" und erklärte, sie behalte sich eine "Antwort" vor. Der Beschuss sei ein mutmaßlicher "kriegerischer Akt". Das iranische Außenministerium wies den Vorwurf zurück, hinter dem Raketenangriff zu stecken.
Stellvertreterkrieg
Im Jemen führen Saudi-Arabien und Iran einen Stellvertreterkrieg. Saudi-Arabien versteht sich als Schutzmacht der Sunniten, der Iran als die der Schiiten. Hinzu kommt, dass der Iran durch das internationale Atomabkommen, das US-Präsident Donald Trump infrage stellt, aus seiner Isolation kommt und als Regionalmacht immer mehr Bedeutung gewinnt.
Der Iran leistet den schiitischen Houthi-Rebellen Beistand, die die Regierung des Präsidenten Abd-Rabbu Mansour Hadi gestürzt haben und ihr Korruption vorwerfen. Saudi-Arabien wirft dem Iran vor, den Houthi militärisch zu helfen, was die Regierung in Teheran aber bestreitet. Saudi-Arabien, das an den Jemen grenzt, bekämpft die Houthi-Rebellen unter anderem durch den Einsatz der Luftwaffe und will der international anerkannten Regierung Hadis wieder zur Macht verhelfen.
Menschenrechtler: Raketenangriff Kriegsverbrechen"
Der von jemenitischen Rebellen verübte Raketenangriff auf Riad stellt nach Ansicht von Menschenrechtlern ein Kriegsverbrechen dar. "Der wahllose Abschuss einer ballistischen Rakete auf einen überwiegend zivil genutzten Flughafen ist offensichtlich ein Kriegsverbrechen", erklärte die Direktorin der in New York ansässigen Organisation Human Rights Watch.
Sarah Leah Whitson sagte am Dienstag weiter: "Aber dieser illegale Angriff rechtfertigt nicht, dass Saudi-Arabien die humanitäre Katastrophe im Jemen verschlimmert, indem sie den Zugang und die Hilfe für das Land behindert."
Humanitäres Leid im Jemen
Saudi-Arabien hatte im März 2015 an der Spitze einer arabischen Koalition im Jemen eingegriffen, um die schiitischen Houthi-Rebellen aus der Hauptstadt Sanaa zu vertreiben und die alte Regierung wieder einzusetzen. Riad wird dafür kritisiert, bei den Luftangriffen im Jemen zivile Opfer in Kauf zu nehmen.
Nach UNO-Angaben wurden im Jemen-Konflikt bereits mehr als 8.650 Menschen getötet und 58.600 weitere verletzt. Der Krieg hat laut UNO die "schlimmste humanitäre Krise der Welt" ausgelöst. Sieben Millionen Menschen stehen demnach kurz vor einer Hungersnot, insgesamt leiden 17 Millionen Menschen unter einer unsicheren Ernährungslage. Seit April starben bereits mehr als 2100 Menschen an Cholera. Krankenhäuser können aufgrund der Blockaden von Häfen und des Flughafens in Sanaa die grundlegende medizinische Versorgung kaum gewährleisten.
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