Russlands langer Arm rührt in Mazedonien um

Russlands langer Arm rührt in Mazedonien um
Moskau weist zwei griechische Diplomaten aus. Hintergrund ist der Streit um Mazedonien.

Die Ausweisung zweier griechischer Diplomaten, die das Außenministerium in Moskau am Montag verfügte, war kein Blitz aus heiterem Himmel, sondern die Retourkutsche für das Platzverbot, das Athen im Juli zwei russischen auswärtigen Beamten erteilt hatte.

Hintergrund des Schlagabtausches sind Versuche des Kremls, die Beilegung des Namensstreits zu torpedieren, den Griechenland und die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Mazedonien im Juni nach mehr als einem Vierteljahrhundert offiziell beendet haben. Mehr als ein Vierteljahrhundert hatten die Hellenen den Namen Mazedonien ausschließlich für ihre eigene Nordprovinz mit Zentrum Thessaloniki beansprucht und mit ihrem Veto die Integration Mazedoniens in westliche Strukturen verhindert.

Zweiter Rückschlag

Der historische Kompromiss macht den Weg frei. Für den Kreml, wo die Restauration einstigen Einflusses auf dem Balkan absolute Priorität hat, ist das aber bereits der zweite herbe Rückschlag in nur einem Jahr. Im Juli 2017 trat Montenegro der NATO bei. Seither ist die Adria eine Art Binnensee der Militär-Allianz, russische Hoffnungen auf einen Marinestützpunkt im europäischen Teil des Mittelmeers haben sich damit erledigt. In Mazedonien, das in Moskaus Planspielen für Gaslieferungen nach Europa unter Umgehung der Ukraine als Transitland eine Schlüsselrolle spielt, ist für Russland sind dagegen noch nicht alles verloren.

Sowohl in Griechenland als auch in der „Republik Nord-Mazedonien“ (neuer Name), wie der Balkan-Staat künftig heißen soll, müssen die Parlamente den Namenskompromiss-Vertrag bis Jahresende ratifizieren. Hier wie dort schrumpft die Mehrheit der Regierungen mit beeindruckendem Tempo. In Mazedonien muss die Bevölkerung der Namensänderung am 30. September zudem per Referendum zustimmen.

Und da könnte es kritisch werden: Die 2016 abgewählten Nationalkonservativen kritisieren den Namenskompromiss als „Ausverkauf nationaler Interessen“ und rufen zum Boykott der Abstimmung auf. Ihre Führungsriege hat noch immer einen heißen Draht nach Moskau. An sie und an die der Opposition nahestehenden Fußball-Fanklubs soll auch das Geld geflossen sein, mit dem Moskau Proteste gegen die Namensänderung und die prowestliche Außenpolitik von Regierungschef Zoran Zaev im Juni alimentiert haben soll. In Griechenland stießen Ermittler auf eine ähnliche Spur russischen Geldes. Auch dort wurden vor allem oppositionelle Abgeordnete, Vereinigungen der Zivilgesellschaft, die Griechen-Premier Alexis Tsipras nicht wohl gesinnt sind, und die Orthodoxe Kirche bedacht.

Störmanöver

Moskau, so mutmaßen Kenner der Materie, habe aus dem Desaster in Montenegro gelernt. Dort hatten russische und serbische Emissäre bei den Parlamentswahlen im Oktober 2016 mit Waffengewalt versucht, den Westkurs des kleinen Adria-Staates zu verhindern. Als Torpedo für den Namenskompromiss komme daher jetzt „soft power“ zum Einsatz: ethnische und religiöse Gemeinsamkeiten. Slawen stellen auf dem Balkan die Bevölkerungsmehrheit. Sie, aber auch Griechen und Rumänen, sind orthodoxe Christen.

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