"Sapad 2017": Großmanöver an Grenze zum Westen

Russische und weißrussische Truppen haben mit ihrem großangelegten Großmanöver nahe der NATO-Grenze begonnen. Die Übung sei rein defensiv, behaupten Minsk und Moskau. Polen, das Baltikum und die NATO zweifeln daran.

Die Streitkräfte Russlands und Weißrusslands haben ihr mehrtägiges Großmanöver "Sapad 2017" gestartet. Die Soldaten der beiden Armeen marschieren nahe der Grenze zu den NATO-Staaten Polen, Litauen, Lettland und Estland auf, wo die Militärübung mit Sorge beobachtet wird. Diese Länder fürchten, dass Russland unter dem Deckmantel des Manövers dauerhaft Soldaten an den Grenzen stationiert.

Unklarheit herrscht über die Zahl der teilnehmenden Soldaten. Moskau gibt deren Zahl mit 12.700 an - sie läge damit unter der Schwelle von 13.000 Soldaten, ab der nach internationalen Vereinbarungen ein umfassender Zugang von Beobachtern gewährt werden muss. Die baltischen NATO-Mitglieder gehen allerdings von 100.000 Teilnehmern aus. Die NATO hatte heuer die Verstärkung ihrer Truppen im Osten abgeschlossen und dafür in Polen, Estland, Lettland und Litauen multinationale Kampfverbände mit jeweils tausend Soldaten stationiert.

Szenario sorgt für Aufsehen

"Sapad", was zu Deutsch "Westen" heißt, findet alle vier Jahre statt und schließt sich an zahlreichen militärischen Übungen an. Das Manöver 2017 sorgte bereits im Vorfeld für viel Aufsehen. Soweit bkeannt, sollen die Soldaten ein Szenario durchspielen, bei dem der weltiche Gegner Unruhe in Wießrussland anstiftet und Separatisten dort einen Staat "Weischnoria" errichten. Das Ziel: Der Anführer muss gestoppt, ein NATO-Gegenangriff gestartet werden.

Einige NATO-Mitglieder empfinden diese Übung als Affront gegen das westliche Militärbündnis, andere - wie etwa Litauen - vermuten, dass eine Offensive gegen das Baltikum und Polen simuliert wird, an der sensiblen "Suwalki Lücke". Sie gilt als militärische Schwachstelle der NATO. Der eta 100 Kilometer breite Landstreifen zwischen Polen und LItauen wird im Norden vom russischen Kaliningrad begrenzt, im Süden von Weißrussland.

Gegenüber der deutschen Tagesschau warnte der Oberbefehlshaber der US-Landestreitkräfte in Europa, Frederick Hodges, vor einem "trojanischen Pferd". Denn, das fragen sich die Länder am Baltikum, was geschieht mit der Ausrüstung nach der Übung? Die Sorge besteht, dass sowohl die russischen als auch die weißrussischen Soldaten ihre Ausrüstung an der Grenze deponieren.

Keine "russische Bedrohung"

Außerdem weisen Militärexperten daraufhin, dass nach militärischen Übungen Konflikte mit den Nachbarländern stattgefunden haben. Das letzte "Sabad"-Großmanöver war im November 2013. Einige Monate danach besetzte und annektierte Russland die ukrainische Halbinsel Krim. Die russischen Truppen waren auch 2008 vorbereitet, als die georgische Führung mit einem Angriff auf Südossetien den Anlass für den Einsatz der russischen Streitkräfte lieferte.

In Russland weist man Angstszenarien zurück. Die "russische Bedrohung" sei ein Mythos, niemand müsse das Manöver fürchten, sagte Vizeverteidigungsminister Alexander Formin. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat aufgerufen, die Situation zu beobachten, aber sich still zu verhalten.

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