Gipfel in Minsk: Putin spielt auf Sieg
Wladimir Putin macht vor dem Vierer-Gipfel heute, Mittwoch, in Minsk durchaus nicht den Eindruck eines kleinen Jungen, der mit dem Rücken zur Wand steht und wild mit Steinen um sich wirft. So wird er gerne in angelsächsischen Medien und Denkfabriken in den USA porträtiert. Doch in wesentlichen Punkten hat er sich durchgesetzt: Die Veränderungen am ursprünglichen Friedensplan, der jetzt in der weißrussischen Hauptstadt Minsk diskutiert wird, tragen über weite Strecken die Handschrift des Kremlchefs. Kein Wunder, dass er einen Tag vor dem Gipfel klarstellte, dass er sich dem Westen nicht beugen werde, "egal, wie viel Druck ausgeübt wird".
Dass Moskau aus der Position der Stärke verhandelt, beweist allein schon die Tatsache, dass Putin und dessen Außenminister Sergej Lawrow derzeit die einzigen sind, die nicht von Krieg reden. Zumindest nicht von einem umfassenden Krieg, wie die Nesawissimaja Gaseta in ihrem Leitartikel am Montag warnte. Zugleich aber eskalierten vor den Minsker Gesprächen die Kämpfe in der Ostukraine weiter.
Gespenst des Krieges
Der französische Präsident François Hollande und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, darauf verweisen die meisten russischen Denkfabriken, hätten die Kriegsoption nach ihrem Blitzbesuch von vergangenem Freitag in Moskau dagegen nicht mehr völlig ausgeschlossen. Das Gespenst eines Krieges ging auch auf der Münchner Sicherheitskonferenz um und vertiefte die Kluft im transatlantischen Bündnis – einige sind für Waffenlieferungen an die Ukraine, andere strikt dagegen.
Der Zerfall der westlichen Verteidigungsallianz, deren Rolle dann von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernommen werden könnte, sind Langzeitziel der russischen Außenpolitik. In weiterer Folge, so die Strategiepläne im Kreml, sollte die OSZE mit dem von Putin forcierten Eurasischen Sicherheitsraum zusammenarbeiten. Beides ist zwar in überschaubaren Zeiträumen unrealistisch, aber schon allein der Verzicht der NATO auf Projekte und Entscheidungen, die Konsens erfordern, würde – zumindest aus Sicht Moskaus – Russlands Position in der globalen Politik weiter stärken. Zumal daran auch eine neuerliche Expansion der NATO im post-sowjetischen Raum Richtung Georgien, Moldawien und Ukraine zwangsläufig scheitern würde. Russland schlachtet die Schwäche Europas für seine Ziele aus, titelte die englischsprachige The Moscow Times.
Eben dieser Dissens erleichtert es Putin, seine Verhandlungstaktik in der Ukraine-Krise situationsbedingt zu variieren. Derzeit hält Moskau sich vor allem zwei Optionen offen: Einfrieren des Konflikts wie in Moldaus abtrünniger Region "Transnistrien". Oder maximale Autonomie für die Rebellen-Regionen im Osten und milliardenschwere Wiederaufbau-Hilfen des Westens im Austausch für Loyalität der pro-russischen Gebiete gegenüber der Kiewer Zentralregierung. Moskau verbürgt sich dabei in juristisch verbindlicher Form für das Wohlverhalten der Separatisten, verlangt dafür aber von der NATO verbindliche Garantien für die Nicht-Mitgliedschaft der Ukraine, die damit zu einem neutralen Pufferstaat zwischen Russland und der transatlantischen Allianz würde. Das Hauptproblem dabei aus Sicht russischer Beobachter: Der Kompromiss dürfe nicht wie eine Kapitulation Poroschenkos aussehen.
EU-Streit um Sanktionen
Putin hofft zudem auf den Druck der Wirtschaft auf europäische Regierungen. Denn die EU ist bei den Russland-Sanktionen ähnlich gespalten wie die NATO bei Waffenlieferungen an Kiew. Russische Beobachter hoffen, die deutsche Bundeskanzlerin Merkel werde auf einen Interessensausgleich in Europa hinarbeiten. Zumal davon Hunderttausende Arbeitsplätze abhängen.
Der von Moskau angeregte gemeinsame Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok wäre aus Sicht russischer Experten, darunter auch kritischer, ein gigantisches Konjunkturprogramm, von dem auch Griechenland und die anderen kriselnden Südländer profitieren würden.
Einen Kommentar zur Ukraine-Krise lesen Sie hier: Stefan Schocher darüber, dass Panzer-Politik sich nicht rechnen darf.
Vor dem Gipfel in Misnk schaltete sich nun auch US-Präsident Barack Obama in die Beratungen ein. In einem Telefonat mit Putin habe er "die Wichtigkeit betont, eine Verhandlungslösung zu erreichen und umzusetzen, die auf die Verpflichtungen des Minsker Abkommens aufbaut", teilte das Weiße Haus am Dienstag in Washington mit.
Obama verband diesen Appell mit einer Warnung: Sollte Russland mit seinen "aggressiven Handlungen" in der Ukraine fortfahren, "werden die Kosten für Russland steigen". Der US-Präsident steht innenpolitisch unter wachsendem Druck, Kiew mit Waffenlieferungen zu helfen. Die meisten europäischen Staaten, darunter Deutschland, lehnen dies strikt ab.
Vor ein paar Monaten hatte Wladimir Putin Krebs – zumindest laut Gerüchten und Ferndiagnosen vor allem in US-Medien. Jetzt hat er das Asperger Syndrom, eine Form des Autismus. Das jedenfalls behauptet eine Studie, die von einem für das US-Verteidigungsministerium arbeitenden Thinktank 2008 erstellt wurde – und zwar aufgrund der Fern-Bewegungsbeobachtung Putins. Demnach war Putins „neurologische Entwicklung in der Kindheit massiv unterbrochen“; die Folge sei das Asperger Syndrom. Es ist u. a. durch Schwächen in sozialer Interaktion und Kommunikation und durch stereotype Aktivitäten, manchmal auch Hochbegabung in einem Bereich, gekennzeichnet.
Laut den Putin-Watchers beeinflusse das Syndrom alle seine Entscheidungen.
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