Wenn Russlands Ex-Präsident Dmitrij Medwedew davon spricht, dass der Kreml am besten Bomben auf Berlin werfen solle, dass Russland das „Recht“ habe, sich mit Atomwaffen zu verteidigen – dann zuckt im Westen mittlerweile keiner mehr.
Wenn Aleksandr Lukaschenko das macht, ist das ein wenig anders. Der belarussische Potentat warnte heute in einer Ansprache an das Volk, dass Moskau die „fürchterlichsten“ Waffen zum Einsatz bringen könnte - sprich: Atomwaffen. Darum seien ein Waffenstillstand und Verhandlungen geboten, so Lukaschenko.
Putins Sprachrohr
Dass Lukaschenko das gerade jetzt so drastisch formuliert, hat einen Grund: Nicht nur, dass er seit Kriegsbeginn mehr denn je Kreml-Chef Wladimir Putins Vasall ist, zuletzt sogar eine Stationierung von russischen Atomwaffen auf dem eigenen Staatsgebiet akzeptiert hat (mit dem kruden Argument, dass diese Belarus vor einer NATO-Invasion schützen würden).
Nein, er ist auch sein Sprachrohr: In Moskau wird zuletzt wieder vermehrt nach einer Rückkehr an den Verhandlungstisch gerufen – auch, weil in Kiew gerade an einer Offensive gearbeitet wird, die die Russen aus den besetzten Gebieten zurückdrängen soll. Es ist unklar, ob Russland die militärischen und vor allem die personellen Ressourcen hat, um einen solchen Gegenschlag – der etwa Teile der besetzten Gebiete vom Nachschub abschneiden könnte – zu parieren.
"Das ist lächerlich"
Lukaschenkos Forderung nach einem Waffenstillstand „ohne Vorbedingungen“ spiegelt genau Moskaus Linie wider. Der Kreml steht militärisch unter Druck, eine Verhandlungslösung, bei der die Ukraine die besetzten gebiete einfach abtritt, wäre im Sinne Putins – das könnte er als Sieg werten. Wenn Lukaschenko sich also darüber echauffiert, dass Wolodimir Selenskij sich per Dekret untersagt hat, mit Putin zu sprechen („das ist lächerlich“, sagte er), und wenn er in den Raum stellt, dass Verhandlungen nach einer Offensive der Ukraine „unmöglich“ wären – dann trägt Lukaschenko zum einen Putins Wünsche in die Welt.
Und, das muss man anfügen, vermutlich auch eigene. Denn so sehr der belarussische Diktator nach Putins Pfeife tanzt, so sehr belastet ihn der Krieg auch selbst – noch nie war die Gefahr größer, dass Russland sich den Nachbarn einverleibt. Ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine würde diese Last zumindest zum Teil von ihm nehmen.
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