Flankiert von Frankreichs Präsident Macron und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel will man über den Konflikt in der Ostukraine reden. Fünf Jahre wird inzwischen an der Frontlinie im Donbass gekämpft, hier die ukrainische Armee plus nationalistische Milizen, dort die Milizen der abtrünnigen Regionen Donetsk und Lugansk, von Moskau aufgerüstet und tatkräftig von russischen Truppen unterstützt.
Die Bilanz: 13.000 Tote, großflächige Zerstörungen und kein Ende abzusehen.
Ohne Ziel und Strategie
Von einem „Abnützungskrieg“ sprechen internationale Militärexperten, die als Beobachter vor Ort im Einsatz waren, gegenüber dem KURIER. Ein Krieg, für den es nicht einmal mehr eine Strategie gebe, um ihn zu gewinnen. An der Hunderte Kilometer langen Front seien die Truppen auf beiden Seiten inzwischen so reduziert worden, dass normale militärische Operationen ohnehin nicht mehr möglich seien. Es sei nicht einmal mehr möglich, die Frontlinie lückenlos zu kontrollieren.
Minen und Granaten
Die blutige Konsequenz daraus: Die Front wird mit Landminen abgesichert, die regelmäßig auch zivile Opfer fordern. Dazu beschießt man den Gegner mit schweren Waffen wie Granatwerfern, was noch mehr Tote und Zerstörungen bringt.
Selenskyj und die im Sommer angetretene neue ukrainische Regierung sehen die Lage nüchterner als ihre Vorgänger unter Präsident Petro Poroschenko. Man sei, so die Einschätzung der internationalen Beobachter, bereit nachzugeben. Schließlich habe Selenskyj den Frieden im Osten des Landes auch im Wahlkampf versprochen. An einzelnen Frontabschnitten ist es gelungen, Truppeneinheiten und schwere Waffen abzuziehen. Ein erster kleiner Erfolg der OSZE und ihres Ukraine-Vermittlers, dem Österreicher Martin Sajdik. Für einen wirklichen Frieden, oder auch nur Waffenstillstand seien diese Fortschritte viel zu langsam.
Doch auch Moskau schickt zumindest freundliche Gesten in Richtung Kiew zu. Drei Schiffe der ukrainischen Marine, die vor einem Jahren im Schwarzen Meer von der russischen Küstenwache beschlagnahmt worden waren, sind jetzt zurückgegeben worden.
Auch in Russland wächst das Interesse, den Konflikt endlich zu einem Ende zu bringen. Zu viel Geld und auch Leben russischer Soldaten hat das militärische Abenteuer bereits gekostet. Auch die Kapazitäten des russischen Militärs für Auslandseinsätze sind begrenzt. Dazu kommt, dass die wirtschaftlichen Sanktionen durch die EU zur immer schwereren Belastung werden, auch wenn die Kreml-Propaganda das zu übertünchen versucht.
Positive Entwicklungen, die Experten in Kiew allerdings nicht sehen wollen. „Es sind einseitige Schritte, die die Selenskyj-Regierung jetzt setzt“, kritisiert Olexyj Haran, Politikwissenschafter an der Universität Kiew. „Die große Gefahr ist, dass Moskau das ausnützt.“
Wenn Putin einen Waffenstillstand wolle, um sich militärisch aus der Ukraine zurückziehen, dann nur um danach das Problem mit den zwei separatistischen Republiken Kiew aufzuhalsen: „Das ist in Wahrheit eine Schwächung der Ukraine.“
Russland, so der Experte, habe seit Jahren alle Versuche, einer Lösung des Konflikts näher zu kommen, boykottiert. Dass man jetzt die Schiffe zurückgegeben habe, sei keine nette Geste. Moskau sei vom internationalen Seegerichtshof dazu verurteilt worden. „Ich sehe keinen guten Willen, sondern nur die Gefahr, dass Selenskyj über den Tisch gezogen wird und in die Falle läuft.“
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