Friedensmission in der Ukraine: Wer traut sich, Soldaten zu schicken?

Friedensmission in der Ukraine: Wer traut sich, Soldaten zu schicken?
Im Fall eines Waffenstillstands müssten Soldaten die Grenze sichern. Trump will nicht, die Europäer können oder wollen auch nicht – und die Kosten wären gigantisch.

Am Samstag könnten sie erstmals direkt darüber sprechen. Donald Trump wird da neben Emmanuel Macron sitzen, neben ihm vermutlich Wolodimir Selenskij, alle beim Festakt in der restaurierten Notre Dame. Und zwischen ihnen die Frage: Wer wird Soldaten schicken, um einen möglichen Waffenstillstand an der Grenze zu Russland abzusichern?

Seit Trumps Wahl beraten Diplomaten im Hintergrund intensiv darüber. Schon vor dem 6. November hatte der Republikaner klar gemacht, dass er den Krieg zwar so schnell wie möglich beenden will, den Rest aber den Europäern überlassen will – amerikanische Soldaten würde er jedenfalls nicht in eine Pufferzone zwischen der Ukraine und Russland schicken.

Die Europäer stellt das vor ziemlich große Probleme. Zum einen ist die Bereitschaft, eigene Leute in den Konflikt zu schicken, nicht gerade überwältigend groß: Die Soldaten müssten ja bereit sein, im Fall eines neuerlichen Angriffs auf russische Soldaten zu schießen, also tatsächlich Krieg zu führen. Ungeklärt ist auch die Frage, ob ein russischer Angriff auf sie dann auch andere NATO-Staaten involvieren würde – Stichwort Bündnisfall.

Zu wenige Soldaten

Zum anderen haben viele Länder, die Soldaten schicken würden, bereits jetzt massive Probleme mit Personal und Ausrüstung. Die ukrainische Grenze zu Russland ist knapp 1300 Kilometer lang, um sie ernsthaft zu sichern, bräuchte man Truppen „im zweistelligen Tausenderbereich“, so Carlo Masala, Professor an der Bundeswehruni München – also 10.000 Soldaten aufwärts.

Die meisten europäischen Streitkräfte würden das kaum stemmen können. Großbritannien etwa würde sich dem Druck der USA, eine Friedenstruppe zu senden, wohl beugen, hat aber selbst nur 75.000 Soldaten zur Verfügung. Wie viele es davon tatsächlich entbehren kann, ist fraglich; und auch gemeinsam mit Truppen aus Polen und dem Baltikum wäre das wohl nicht ausreichend.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hätte zwar mehr Person zur Verfügung, er hat eine Entsendung auch schon vor Monaten selbst ins Spiel gebracht. Er hat aber innenpolitische Hürden zu überwinden: Eine französische Friedenstruppe mit Marine Le Pen im Rücken durchzuboxen, ist mehr als kompliziert – die Rechtspopulistin hat bekanntlich eine ganz andere Einstellung zur Ukraine und zu Putin.

Auch in Deutschland führt man derzeit eher innenpolitische Debatten über diese Frage, schließlich ist man dort auch im Wahlkampf – und die Vorstellung deutscher Soldaten, die auf Russen schießen, verprellt deutsche Wähler verlässlich. Kanzler Olaf Scholz stieg darum bereits vorsorglich auf die Bremse: Es sei „ganz unangemessen“, zu spekulieren, was nach einem Kriegsende kommen würde. Selbst von CDU-Chef Friedrich, der in puncto Ukraine deutlich forscher ist als Scholz, kamen ähnliche Warnungen.

Ein UN-Mandat?

Experten wie Masala oder der Brite Russel Foster vom King’s College haben daher berechtigte Zweifel, ob Europa eine solche Aufgabe ohne die USA stemmen könnten. „Die Aufgabe einer Friedensmission in der Ukraine würde die Europäer militärisch total überfordern“, schreibt Foster etwa. Dazu wären die Kosten einer solchen Aktion „gigantisch“ – angesichts der angespannten Budgetlage vieler Staaten die nächste innenpolitische Bombe.

Über all dem schwebt noch eine ganz andere Frage. Nämlich, zu welchen Bedingungen Moskau überhaupt verhandeln würde – und welche Soldaten an der Grenze für Putin akzeptabel wären. Bisher argumentierte der Kremlchef seine Invasion des Nachbarn ja stets mit dem vorgeschobenen Argument, die NATO führe heimlich Krieg gegen Russland; die Aussicht auf NATO-Soldaten an der Grenze könnte bei Gesprächen hinderlich sein.

Unklar ist auch, unter welchem Mandat eine wie auch immer geartete Friedenstruppe in eine Pufferzone entsendet würde. Bisher war es immer die UNO, die das über den Sicherheitsrat regelte. Dort gibt es aber ein gravierendes Problem: Russland sitzt mit am Tisch – und hat auch ein Vetorecht.

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