Russland greift Staudamm an, Ukrainische Gegenoffensive läuft weiter
Tag 204 im Krieg:
Bei einem massiven Raketenangriff auf die zentralukrainische Industriestadt Krywyj Rih hat die russische Armee am Mittwoch mit acht Marschflugkörpern nach ukrainischen Angaben einen Staudamm schwer beschädigt.
Durch das zerstörte Pumpwerk strömten am Mittwoch so große Wassermassen, dass die Wasserversorgung zusammenbrach.
Bei Krywyj Rih handelt es sich um die Geburtsstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij. Wahrscheinlich sei sie genau aus diesem Grund zum Ziel der russischen Artillerie geworden, erklärte er in einer TV-Ansprache.
Das Wassersystem habe keine militärische Bedeutung, aber es verließen sich Hunderttausende Zivilisten täglich darauf.
112 seien Häuser überflutet worden, teilte der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Olexandr Wilkul, auf Telegram mit. Die Arbeiten zur Reparatur des Damms liefen, das Wasser ginge zurück.
"Kann uns das brechen? Keineswegs" schrieb Selenskij auf Telegram. "Alles was die Besatzer können, ist Panik zu säen, eine Notlage zu schaffen, Menschen ohne Licht, Wärme, Wasser oder Lebensmittel zu lassen."
Bild der Zerstörung in rückeroberten Gebieten
Das von ukrainischen Truppen zurückeroberte Gebiet im Nordosten des Landes umfasst inzwischen bereits 8.000 Quadratkilometer. Am Mittwoch machte sich Selenskij bei einem überraschenden Besuch des strategisch wichtigen Ortes Isjum im Osten des Landes ein Bild von der Lage. Es sei ein Bild der Verwüstung, das sich ihm dargeboten habe: "Sie haben nur zerstört, nur beschlagnahmt, nur vertrieben", so der Präsident. In manchen Ortschaften stünde kein Haus mehr.
Beim Rückzug der russischen Truppen aus den besetzten Gebieten im Nordosten sei es laut dem britischen Verteidigungsministerium teilweise geordnet zugegangen, allerdings seien auch etliche Kriegsverbände unorganisiert, "in offensichtlicher Panik", geflohen. Die ukrainischen Streitkräfte würden die Kontrolle über die Regionen festigen.
Nach seiner Rückkehr aus Isjum war Selenskyj in einen Autounfall verwickelt worden. Er sei von einem Arzt untersucht worden, der aber keine ernsthaften Verletzung habe feststellen können, teilte ein Sprecher des Präsidialamtes mit.
Von der Leyen in Kiew
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Donnerstag wie erwartet zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. Dort will sie Selenskij und Regierungschef Denys Schmyhal treffen, wie von der Leyen am Donnerstag auf Twitter erklärte. Es ist die dritte Ukraine-Reise der Deutschen seit dem russischen Einmarsch Ende Februar.
Sie werde mit Selenskyj und Schmyhal besprechen, "wie wir unsere Wirtschaft und unsere Bevölkerung auf dem Weg zum Beitritt enger zusammenbringen können." Die Kommissionspräsidentin hatte ihre Reise am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union in Straßburg angekündigt. Darin sagte sie, sie wolle "mit der Ukraine darauf hinarbeiten, einen nahtlosen Zugang zum Binnenmarkt zu gewähren - und umgekehrt".
Kommentare