In Russland wächst der Druck auf Putin - der bleibt stur

In Russland wächst der Druck auf Putin - der bleibt stur
Offene Kritik von Politikern wird mit Durchhalteparolen gekontert. Behörden drohen mit willkürlichen Verhaftungen

Es ist nur ein Bezirk von St. Petersburg und damit eine Handvoll mutiger Lokalpolitiker. Doch was Nikita Juferew und seine Kollegen in diesen Tagen gewagt haben, ist ein Tabubruch, wie ihn in Russland gerade in diesen Tagen kaum jemand erwartet hat. In einem offenen Brief forderten sie das russische Parlament auf, Putin des Amtes zu entheben. Der Krieg in der Ukraine sei ein Fiasko, russische Soldaten würden zu Tausenden sterben, die Wirtschaft in die Brüche gehen. Gegenüber dem deutschen Spiegel macht Juferew seine Haltung noch deutlicher: „Die staatliche Propaganda versucht, uns davon zu überzeugen, dass ganz Russland für Putin und für diese Militäroperation sei. Aber das ist nicht der Fall. Es gibt viele von uns – Leute, die dagegen sind.“

Mehrere Protestschreiben

Inzwischen kursieren mehrere derartige Protestschreiben. Die Verfasser trotzen den immer heftigeren Drohungen von Seiten der Behörden. Eben erst hat Kreml-Sprecher Dmitri Peskow angekündigt, dass jede öffentliche Kritik an der sogenannten Spezialoperation strafrechtlich verfolgt werde. Gegen die St. Petersburger Stadtpolitiker sei bereits ein Verfahren eingeleitet.

Kritik der Kommunisten

Doch nicht nur von Seiten der Liberalen wird Kritik am Krieg laut. Und genau so nennt ihn der Chef der Kommunisten Gennadi Sjuganov. „Das ist ein Krieg, keine Spezialoperation“, meint der Vorsitzende der eigentlich längst gleichgeschalteten und Putin-treuen Partei: „Und genau deshalb brauchen wir eine Generalmobilmachung.“

Mobilmachung notwendig

Der Kollaps an der Ukraine-Front hat nicht nur die strategischen und waffentechnischen Schwächen der russischen Streitkräfte deutlich gemacht, sondern auch das Fehlen dringend notwendiger Verstärkungen. Die einzige Möglichkeit , neue Truppen für eine neue Offensive in der Ukraine zu finden, sei eine Mobilmachung, meinen russische Militärexperten. Nur so könne man zumindest die Chance auf einen Sieg wahren. Putin aber hat diesen Schritt bisher nicht riskieren wollen. Zu wackelig ist trotz aller Propaganda die Unterstützung für den Krieg. Daher beschränkt sich der Präsident auf zunehmend unglaubwürdige Durchhalteparolen. „Russland hat nichts verloren und wird nichts verlieren“, meinte er vor wenigen Tagen. „Er ist sicher entschlossen, den Krieg fortzusetzen“, meint ein US-Militäranalytiker gegenüber der Washington Post: „Die Frage ist nur, welches politische Risiko ist er bereit einzugehen, um den Militäreinsatz zu retten.“

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