Putin begnadigt Erzrivalen Chodorkowski
Für Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski, 50, werden sich womöglich bald die Gefängnistore öffnen. Der ehemalige Chef des inzwischen zerschlagenen und quasi verstaatlichten Vorzeige-Konzerns Jukos habe ein Gnadengesuch geschrieben, dass der Kremlchef bald prüfen und positiv entscheiden werde – Wladimir Putin höchstselbst verkündete die Neuigkeit gleich nach seiner Jahrespressekonferenz am Donnerstag und ging dabei auch auf die Amnestie zum 20. Jahrestag der russischen Verfassung ein.
Chodorkowski waren schwerste Wirtschaftsvergehen vorgeworfen worden. 2006 war er wegen Steuerhinterziehung und Betrugs zu acht Jahren Haft verurteilt worden, in einem zweiten Verfahren 2008 zu vierzehn Jahren wegen Diebstahls von Rohöl und Geldwäsche. Er wäre erst im Herbst 2014 freigekommen.
Hintergründe
Regimekritiker vermuteten politische Hintergründe hinter den Verfahren gegen den einstigen Öl-Magnaten. Chodorkowski hatte die Opposition unterstützt und war den Geschäftsinteressen von Putins Amigos in die Quere gekommen. Russische Menschenrechtler glaubten daher, Chodorkowski werde so lange im Lager sitzen wie Putin im Kreml. Umso überraschender die Wendung.
Beobachter rätseln derweil über die Motive. Die Mehrheit geht davon aus, dass Putin im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Sotschi um ein positives Russlandbild bemüht ist. Vor allem aber dürfte es die anhaltende Kapitalflucht aus Russland sein, die den Kremlherrscher dazu zwingt, das Investitionsklima zu verbessern.Daher dürfen auch die zwei Mitglieder der feministischen Punk-Gruppe Pussy Riot mit Straferlass rechnen, die eine zweijährige Haftstrafe wegen Rowdytums verbüßen. Sie hatten kurz vor den russischen Präsidentenwahlen im März 2013 in der Moskauer Christ-Erlöser-Kirche die Muttergottes um die Vertreibung Putins gebeten. Das Urteil war weltweit als unverhältnismäßig kritisiert worden.
Sogar die 30 Greenpeace-Aktivisten, die im September versucht hatten, eine russische Ölbohrplattform im Eismeer zu stürmen, um gegen die Ölförderung in der ökologisch sensiblen Arktis zu protestieren, werden durch die Amnestie freikommen. Dabei sah es anfangs gar nicht gut aus für sie. Der Straferlass sollte ursprünglich nur für bereits Verurteilte gelten, nicht jedoch für jene, gegen die noch ermittelt wird, wie im Fall der Umweltschützer.
Putin begrüßte die Änderung ausdrücklich. Er habe hohe Achtung vor allen, die die Natur schützen. Es sei jedoch inakzeptabel, wenn dabei zu Methoden gegriffen werde, mit denen Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache betrieben werde.
Chodorkowski dagegen fällt nicht unter die Amnestie. Sie erstreckt sich lediglich auf geringfügige gewaltfreie Straftaten, von ihr profitieren daher vor allem Kleinganoven. Zwar hatte die Duma im Sommer bereits eine Amnestie für Wirtschaftsvergehen beschlossen, doch von der profitieren nicht einmal tausend einschlägig Bestrafte.
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