Russisch-chinesische Annäherung: Gemeinsam gegen den Westen

Putin (re.) baut dem drohenden Verlust europäischer Wirtschaftspartner vor – Wirtschaftsdeals mit Chinas Staatschef Xi Jinping (li.).
Russland Präsident Putin baut seine strategische Partnerschaft mit China aus.

Der erste Verband der russischen Pazifikflotte, die Ende Mai mit Peking die bisher größten gemeinsamen Seemanöver im Ostchinesischen Meer plant, lief schon am Montag Chinas Kriegshafen Wusung an. Am Dienstag trifft auch der Oberbefehlshaber im Reich der Mitte ein: Wladimir Putin. Er und Gastgeber Xi Jinping werden zum Abschluss des Besuchs eine "gemeinsame Erklärung über eine neue Etappe allumfassender Partnerschaft und strategischer Zusammenarbeit" unterzeichnen.

Der erste Schritt zu einem antiwestlichen Militärbündnis? Putin hatte das bisher stets ausgeschlossen. Kritische Beobachter hierzulande warnen indes, westliche Sanktionen und internationale Isolierung würden Russland in eine derartige Allianz zwingen.

Wie die einflussreiche Tagezeitung Kommersant schreibt, soll China schon 2015 acht hypermoderne Raketenabwehrsysteme des Typs S-400 bekommen, für die de facto ein Exportverbot gilt. Für Generalstab und Geheimdienste, so das Blatt weiter, habe die Umrüstung der russischen Armee Vorrang, beide hätten auf einer Tagung des Nationalen Sicherheitsrates zudem gewarnt, Peking werde den Nachbau dieser Wunderwaffe versuchen.

Engere Kooperation

Putin wischte die Bedenken offenbar beiseite und war auch sonst voll des Lobes für den potenziellen strategischen Partner. Gemeinsam, sagte er, hätten Moskau und Peking durch Achtung der ureigenen Interessen des jeweils anderen ein Modell geschaffen, das sich beim Umgang der großen Weltmächte miteinander durchsetzen müsse. Es gäbe im bilateralen Verhältnis "keine politischen Probleme mehr, die einen negativen Einfluss auf die Festigung der allumfassenden Zusammenarbeit ausüben könnten". Künftig wollen die beiden Vetomächte im UN-Sicherheitsrat daher noch enger kooperieren.

Bei der Suche nach potenziellen Verbündeten ist es für beide ein wahrer Glücksfall, dass der Gipfel der von ihnen dominierten Schanghai-Organisation am Mittwoch wie alle vier Jahre turnusmäßig im erweiterten Format stattfindet. Neben den Staatschefs der Vollmitglieder – Russland, China und vier zentralasiatische Ex-Sowjetrepubliken – sitzen diesmal weitere dreizehn Staatschefs aus dem Nahen und Mittleren Osten mit am Tisch.

Auf der Agenda steht neben vertrauensbildenden Maßnahmen in Asien auch die Vertiefung der Wirtschaftskooperation. Über 30 Regierungsabkommen sollen in Schanghai unterzeichnet werden – vor allem zur Zusammenarbeit im Energiebereich. Über eine noch zu bauende Pipeline will Gazprom ab 2018 jährlich 38 Mrd. m³ Gas nach China liefern.

Für Sanktionsdrohungen des Westens hatten die Lenker russischer Staatskonzerne daher nur ein kühles Lächeln übrig. Dann weiche man eben auf andere Märkte aus, sagte etwa Igor Setschin, Chef des staatlichen Ölförderers Rosneft und enger Freund Putins.

Die USA haben China erstmals offiziell der Cyberspionage bezichtigt. Ein Anklagegericht habe fünf Mitgliedern des chinesischen Militärs Hackerangriffe auf amerikanische Firmen vorgeworfen, erklärte das Justizministerium in Washington am Montag. Betroffen seien sechs Unternehmen aus den Bereichen Atomkraft, Solartechnik und Metalle, darunter United States Steel, Alcoa und Allegheny Technologies. Auch die Gewerkschaft USW sei betroffen. Es handle sich um Fälle von Industrie-Spionage. Die Anklage ist eher symbolischer Natur. In der Praxis verhindert sie die Einreise der betroffenen Personen in die USA oder Staaten mit einem Auslieferungsabkommen.

Nach Einschätzung der USA haben zahlreiche Hackerangriffe ihren Ursprung in China. Dies geht unter anderem aus geheimen amerikanischen Unterlagen hervor, die in den vergangenen Jahren auf der Enthüllungs-Website WikiLeaks veröffentlicht wurden. Dabei stehen die USA wegen ihres eigenen Spionageprogramms weltweit in der Kritik. Die Regierung in Washington und die amerikanischen Geheimdienste haben jedoch wiederholt den Vorwurf der Industrie-Spionage zurückgewiesen.

Dass sich nun ein neuer Konflikt anbahnt, scheint klar: China hat scharf auf die Vorwürfe der USA reagiert und setzte zunächst seine Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zu Cybersicherheit aus. Chinas Regierung und Militär seien "niemals" an Cyberdiebstahl von Handelsgeheimnissen beteiligt gewesen. Die Beschuldigungen basierten auf "absichtlich erfundenen Fakten" und "gefährden das Vertrauen und die Kooperation zwischen China und den USA", sagte Außenamtssprecher Qin Gang. Er rief die USA auf, "ihre Fehler sofort zu korrigieren und die Anklage zurückzunehmen". Der Sprecher drehte auch den Spieß um und beschuldigte die USA unter Hinweis auf die jüngsten Enthüllungen über US-Spionageaktivitäten des "weitreichenden und organisierten Cyberdiebstahls". Er beklagte amerikanische Abhöraktionen und Überwachung ausländischer Führer und Unternehmen. China sei "ein Opfer" der Schnüffeleien der USA.

Zudem zitierte die Regierung den US-Botschafter in Peking ins Außenministerium. Vizeaußenminister Zheng Zeguang habe Botschafter Max Baucus noch am Montagabend den chinesischen Protest gegen die Anklage übermittelt.

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