Rückschlag: Präsident Macron verliert populärsten Minister

Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot brüskiert durch überraschende Demission den Staatschef.

„Ich möchte mich nicht länger selber belügen“ – mit diesen für einen Spitzenpolitiker ungewöhnlichen Worten verkündete Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot seinen Rücktritt. Das ist der schwerste Rückschlag, den Präsident Emmanuel Macron bisher wegstecken musste. Der 63 jährige Hulot ist eine Ikone in Frankreich. Ursprünglich war er Produzent und einziger Darsteller einer beliebten TV-Sendung, die ihn bei waghalsigen Expeditionen in den letzten Naturparadiesen der Erde zeigte. Ausgehend von diesem medialen Anfangsruhm entwickelte sich Hulot zum ökologischen Gewissen der Nation. Aber erst Präsident Macron schaffte es (nach vergeblichen Bemühungen seiner Amtsvorgänger) Hulot in seine Regierung zu holen. Da war er nicht nur der populärste Minister, sondern auch der einzige Hoffnungsträger jener eher gebildeten Wähler, denen ökologische Alternativen ein besonderes Anliegen sind, und die Macron – auch in politischer Hinsicht – nicht links liegen lassen kann. Nun erklärte Hulot, dass genau diese seine Rolle in der Regierung eine „Illusion“ sei, die er nicht länger verantworten könne. Frankreich würde zwar für die Umwelt „mehr als viele andere Länder unternehmen“. Aber im Konkreten seien weder die Treibgas-Emissionen noch die Verwendung von Chemikalien in der Landwirtschaft verringert worden. Die Reduzierung der Atomenergie („Dieser Wahnsinn, auf dem wir beharren“) käme nicht voran und dem rasenden Verlust der Artenvielfalt würde nicht Einhalt geboten werden.

Jäger-Lobby

Das Thema Artenvielfalt brachte auch den Ausschlag für Hulots Spontan-Rücktritt, den er ohne jede Vorabsprache mit der Regierung, am Dienstag früh in einem Radio-Interview ankündigte, während Macron auf Besuch in Dänemark weilte.

Am Vorabend hatte Macron Vertretern des mächtigen französischen Jäger-Verbands bedeutende Zugeständnisse gemacht: mehr Subventionen und dadurch eine Halbierung des Preises der jährlichen Jagdlizenz (von 400 auf 200 Euro), mehr Spielraum für Treibjagden und eine voraussichtliche Ausweitung der Vogelarten, die zum Abschuss frei gegeben würden. Frankreichs Jägerverbände verzeichnen zwar seit Jahren einen Mitgliederschwund, und namentlich die Treibjagd wird von einer Mehrheit der Franzosen abgelehnt, aber die Weidmannszunft bleibt eine einflussreiche Interessensgemeinschaft im ländlichen Raum. Macron umschmeichelte sie schon bisher, um sein Image als Präsident vorwiegend der wohlhabenden und mobilen Großstädter abzumildern. Aber das jüngste Stelldichein mit den Jäger-Lobbisten, dem Hulot hilflos beiwohnen musste, war die ultimative Demütigung für den Umweltminister.

Dazu Hulot: „Meine Rücktrittsentscheidung kommt nicht nur von Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Jagd. Ich hatte eine Reihe von Enttäuschungen. Aber der Fall der Jäger ist symptomatisch für den Einfluss von Lobbyisten in Kreisen der Macht. Das ist ein Problem für die Demokratie.“

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