Baaders Freundin Gudrun Ensslin und Komplizen sorgten mit Schüssen für Ablenkung, Meinhof und Baader entkamen – über ein Fenster. Die Befreiung gilt als Geburtsstunde der RAF, die sich von da an um Baader, Meinhof und Ensslin formierte.
Genererationenkonflikt
Ihre etwa 80 aktiven Mitglieder stammten fast alle aus gutem Hause. Viele von ihnen waren Studenten, als sie sich radikalisierten. Sie gehörten jener Generation junger Deutscher an, die nach dem Zweiten Weltkrieg Probleme mit den Eltern hatten. Nationalsozialistische Gräueltaten wurden in vielen Teilen der BRD verdrängt, die Jungen wünschten sich Aufklärung. International bewegte sie der Krieg gegen Nordvietnam, den die USA im Namen des Antikommunismus führten. Indem die RAF also in einen „bewaffneten Kampf“ gegen den Kapitalismus und „US-Imperialismus“ zog, grenzte sie sich auch von ihrer Elterngeneration ab. Viele von ihnen konnten mit den Zuständen auf der Welt schwer umgehen. Sie griffen zu Drogen, die sie auch zu einigen Aktionen inspirierten.
Ein Grundsatz von Baader, Meinhof und Ensslin war es eigentlich, unschuldige Zivilisten nicht zu verletzten – das gelang jedoch nicht immer. Nach Baaders Befreiung überfiel die RAF drei Banken, womit sie umgerechnet rund 100.000 Euro erbeutete und sich das Leben im Untergrund finanzierte. Danach folgte mit der „Mai-Offensive“ eine Reihe von Anschlägen: 1972 gingen in einem US-Hauptquartier in Frankfurt Bomben hoch, das Auto eines Bundesrichters explodierte.
Aktion "Wasserschlag"
Daraufhin leitete das Bundeskriminalamt die bis dahin größte Fahndung der Republik ein: die Aktion „Wasserschlag“, mit der „die Fische mal richtig in Bewegung“ gebracht werden sollten. Rund 16.000 Polizisten gleichzeitig waren im Einsatz. Sie überflogen und sperrten bundesweit Straßen, überprüften die Autoinsassen.
Erst lieferte die Initiative keine Ergebnisse. Doch wenige Stunden nach ihrem Abschluss tappte Baader in eine Falle, als er aus einer überwachten Garage Sprengstoff holen wollte. Die Polizei nahm ihn fest, wenig später fand sie Ensslin und Meinhof. Damit war die Führungsriege eingesperrt, auf sie wartete ein Riesen-Prozess.
Mega-Prozess in Stammheim
Um Fluchtversuche unmöglich zu machen, wurde extra ein neues Gerichtsgebäude neben dem Gefängnis im Stuttgarter Stadtteil Stammheim gebaut. Die Terroristen klagten über schlechte Haftbedingungen wie Wasserentzug und lange Isolation.
Nach der Festnahme von Baader, Meinhof und Ensslin baute sich die RAF neu auf, eine zweite Generation entstand. Inhaltliche Ziele rückten in den Hintergrund, es ging vor allem um eines: die gefangenen Mitglieder freizupressen. Dafür stürmte sie die deutsche Botschaft im schwedischen Stockholm und nahm Menschen darin als Geiseln.
"Deutscher Herbst" 1977
Besonders brutal waren die Geschehnisse des „Deutschen Herbst“ 1977. Die RAF hielt den Arbeitgeberpräsidenten und ehemaligen SS-Führer Hanns Martin Schleyer wochenlang in einem Wandschrank gefangen, bevor sie ihn tötete. Dramatischer Höhepunkt war die Entführung des Passagierflugzeugs „Landshut“ ins somalische Mogadischu. Mit keiner der extremen Aktionen erreichte die RAF letztlich ihr Ziel, Helmut Schmidt ließ die Gefangenen nicht frei.
Nur Stunden nach der missglückten „Landshut“-Entführung wurde die Führungsriege der ersten RAF-Generation tot im Gefängnis aufgefunden, Meinhof hatte sich bereits ein Jahr zuvor selbst umgebracht. Auch der Tod von Baader, Ensslin und anderen sah nach Selbstmord aus. Das sorgte für Verwirrung – wie konnten sie sich absprechen? Später wurden in den Zellen Elektroleitungen und Morseapparate gefunden, über die sie kommuniziert haben könnten.
Nach der „Todesnacht“ entstand eine dritte Generation, von der wenig bekannt ist. Sie agierte professioneller, internationaler. 1998 löste die RAF sich in einem achtseitigen Schreiben selbst auf, der Gerichtssaal in Stammheim wird demnächst abgerissen. Doch manche Ex-Mitglieder, mittlerweile im Pensionsalter, stehen bis heute auf Europas Most-Wanted-Liste: Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg sind seit fast 30 Jahren untergetaucht. Seit 2011 sollen sie für mindestens neun Raubüberfälle in Norddeutschland verantwortlich sein.
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