"Ring of Fire": Rund um die EU wächst das Chaos
Es war der damalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, der 2002 eine Rede hielt zum Thema "Das größere Europa – eine Politik der Nachbarschaft als Schlüssel zur Stabilität". Darin entwarf er eine Vision, die Europäische Union mit einem "Ring von Freunden" zu umgeben.
14 Jahre später ist Prodis Plan weit von der Wirklichkeit entfernt. Aus dem "Ring von Freunden" ist eine Zone großer Instabilität geworden. Umso beachtenswerter ist es, dass sich die Bertelsmann Stiftung, die das hochrangig besetzte Diskussionstreffen Salzburger Trilog organisiert und finanziert, am 19. August mit der brennenden Frage beschäftigt, wie es um das Konzept der EU-Nachbarschaftspolitik bestellt ist.
"Was ist aus den Versprechungen für Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand geworden?", fragt Liz Mohn, Vorstandsmitglied der renommierten Stiftung. "Heute ist die EU von einem Ring of Fire umzingelt." Antworten auf den Umgang mit Krisen, der Vorbeugung von Konflikten werden gesucht.
In den östlichen EU-Partnerländern von der Ukraine bis Armenien ist die Lage fragil. Am südlichen Mittelmeerufer hat der "Arabische Frühling" bestenfalls in Tunesien zu mehr Demokratie geführt. In Syrien tobt seit 2011 ein Bürgerkrieg, Millionen Menschen sind auf der Flucht.
Um die Nachbarschaftspolitik, der 16 Länder angehören, zu verbessern, empfiehlt Liz Mohn, "pragmatisch Schritt für Schritt an Lösungen zu arbeiten", weil die Nachbarn "zu verschieden" sind. "Dabei können durchaus Werte und Interessen seitens der EU in Widerspruch treten. Dann ist abzuwägen, was getan werden muss", so Mohn gegenüber dem KURIER.
Mit Autokraten reden
Worauf die Initiatorin des Salzburger Trilogs allerdings hinweist, ist die Aufrechterhaltung des Dialogs "trotz aller Differenzen – und das unter Umständen mit Personen und Organisationen, mit denen wir uns dies lange Zeit nicht vorstellen konnten".
In der Nachbarschaft regieren nun einmal autokratische Herrscher, Werte wie Freiheit und Demokratie verlieren hier an Bedeutung. Gleichzeitig werden in der EU und außerhalb viele Menschen anfällig für Intoleranz und Populismus. "Krisen, Umbrüche, aber auch die Digitalisierung schüren Zukunftsängste." Liz Mohn schlägt Soft Skills vor, um die Lage zu beruhigen: "Reden und die Menschen auf dem Weg der Veränderung mitnehmen. Wir brauchen Brücken der Verständigung."
Gerade das macht der Salzburger Trilog seit vielen Jahren. Immer im August kommen internationale Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Kultur in die Festspielstadt, um über ein brisantes Thema zu diskutieren. Die Ergebnisse fließen in die Politik der EU-Kommission ein.
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