"Repression": Soros-Stiftung zieht sich aus Ungarn zurück

"Repression": Soros-Stiftung zieht sich aus Ungarn zurück
Das Büro der Stiftung werde samt Mitarbeitern nach Berlin übersiedeln. Ungarns Regierung will einen "Scheinrückzug" erkennen.

Die Stiftung des US-Milliardärs George Soros zieht sich aus Ungarn zurück. Der Schritt erfolge wegen des "immer repressiveren politischen und rechtlichen Umfelds in Ungarn", teilte die Stiftung in der Nacht auf Dienstag in New York mit. Das Büro werde samt Mitarbeitern nach Berlin übersiedeln. Allerdings werde die "Open Society Foundation" (OSF) weiterhin NGOs in Ungarn unterstützen.

"Repression": Soros-Stiftung zieht sich aus Ungarn zurück

"Es ist unmöglich, die Sicherheit unserer Operationen und Mitarbeiter in Ungarn vor willkürlicher Einmischung der Regierung zu gewährleisten", begründete OSF-Präsident Patrick Gaspard den Rückzug. Die Entscheidung erfolge angesichts der Pläne der rechtskonservativen Regierung, ein als "Stop-Soros" bekanntes Gesetzespaket zu beschließen. Gaspard warf der ungarischen Regierung vor, "in für die Europäische Union beispielloser Weise" nicht nur die Arbeit der Stiftung "falsch dargestellt" zu haben, sondern auch "die Zivilgesellschaft unterdrückt" zu haben, "um damit politisch zu punkten". Das "Stop-Soros"-Gesetzespaket sei nur der jüngste Versuch in dieser Richtung.

Auswirkungen auf 100 Mitarbeiter

Die ungarische Regierung habe in den vergangenen Jahren "mehr als 100 Millionen Euro an öffentlichen Geldern für eine Kampagne ausgegeben, um Lügen über die Stiftung und ihre Partner zu verbreiten", hieß es in der Aussendung. Dazu gehörten auch Propagandaplakate, die an antisemitische Sujets aus dem Zweiten Weltkrieg erinnerten, sowie eine Volksbefragung, bei der OSF-Gründer George attackiert worden sei.

Der Rückzug werde "große Auswirkungen" auf die etwa 100 Mitarbeiter von OSF in Budapest haben, da 60 Prozent von ihnen ungarische Staatsbürger seien. Mehrere seien schon mehr als ein Jahrzehnt für die Organisation tätig. Der gebürtige Ungar und Holocaust-Überlebende Soros hatte im Jahr 1984 seine erste Stiftung gegründet, um Meinungs- und Gedankenfreiheit zu fördern. Immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass der heutige ungarische Ministerpräsident und frühere Dissident Viktor einer der Stipendiaten von Soros war.

Ungarns Gegenschlag

Am Nachmittag meldete sich schließlich der Kommunikationsdirektor der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz, Balazs Hidvegi, zu Wort. Er verurteilte den Rückzug von Soros' Stiftung als "Flucht vor der Transparenz". Auf diese Weise wolle die Stiftung verhindern, dass die Bürger in Ungarn erfahren, welche Gelder in die Stiftung fließen.

Die Aktion sei nur ein "Scheinrückzug", weil die Tätigkeit der Stiftung damit nicht beendet sei. Sie würde auch weiter in Ungarn im Interesse der Einwanderung Druck ausüben, zitierte die Ungarische Nachrichtenagentur MTI am Dienstag.

Gudenus will Rückzug nicht kommentieren

bezichtigt Soros eines Plans, die gesellschaftliche Struktur Europas durch die Massenzuwanderung von Migranten zu verändern. Diese Verschwörungstheorie wurde auch von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus aufgegriffen, der in diesem Zusammenhang von "stichhaltigen Gerüchten" sprach und dafür wiederum von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kritisiert wurde. Zum Soros-Rückzug hielt sich Gudenus jedoch am heutigen Dienstag bedeckt: "Das ist eine Entscheidung der Stiftung. Ich kenne die Hintergründe nicht und kann dazu nichts sagen", sagte der Freiheitliche lediglich am Rande einer Pressekonferenz am Vormittag.

NEOS fordern Stellungnahme von Kurz

Nach dem angekündigten Rückzug forderten die NEOS kurz darauf jedoch eine klare Reaktion von der österreichischen Bundesregierung. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) müsse "klar Stellung gegen die untragbare Politik seines Fraktionskollegen Orban" beziehen, sagte die stellvertretende NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger.

Die Soros-Stiftung ist politischen Machthabern auch deshalb ein Dorn im Auge, weil ihre Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Bewegungen in mehreren Ländern wie etwa in Serbien, Georgien und der Ukraine eine Rolle beim Sturz autoritärer Machthaber gespielt haben soll.

Kommentare