Renzi gibt der EU einen Ruck

Italiens Premier Matteo Renzi segelt auf Erfolgskurs und lässt keine Einmischung in die politische Debatte in Italien und auf EU-Ebene zu
Italien: Der Premier baut seine Macht in Brüssel mithilfe seines europaweiten Netzwerkes aus

Das ist in der EU wirklich nicht alltäglich: Ein Regierungschef fährt dem mächtigen Chef der Deutschen Bundesbank in die Parade: Italiens Premier Matteo Renzi macht das und richtet Jens Weidmann aus, sich nicht in die Polit-Debatte Italiens einzumischen. "Die Aufgabe der Bundesbank ist es, ihre Statutenziele zu erfüllen und nicht, sich in Italiens politische Debatte einzumischen", sagte Renzi am Freitag in Rom.

Die Vorgeschichte: Der Bundesbank-Präsident hat in einer Rede in Berlin Italien gewarnt, den europäischen Stabilitätspakt zu lockern und trotz niedriger Zinsen den Haushalt nicht konsolidieren zu wollen. Renzi widersprach: "Ohne Stabilität gibt es kein Wachstum und ohne Wachstum gibt es keine Stabilität. Wenn wir nur von Stabilität sprechen, zerstören wir die Zukunft Europas." Weidmann ließ er weiters ausrichten, dass "Europa nicht den Banken, sondern den Bürgern gehört".

Renzi gibt der EU einen Ruck
epa03480133 Austrian Social Democrat Hannes Swoboda listens to speeches about the Preparations for the upcoming European Council meeting on 22-23 November with particular reference to the Multiannual Financial Framework during the plenary session of the European Parliament in Strasbourg, France, 21 November 2012. EPA/PATRICK SEEGER
Renzi, der neue Star der Sozialdemokraten, redet Klartext und positioniert enge Vertraute an wichtigen Schaltstellen der EU, um seine politischen und wirtschaftlichen Pläne durchzusetzen. Sein wirtschaftspolitischer Kurs wird auch vom italienischen Präsidenten der Europäischen Zentralbank,Mario Draghi, unterstützt.

Der Einfluss Renzis reicht nach dem fulminanten Sieg seiner Partei bei der EU-Wahl weit ins Europa-Parlament hinein. Roberto Gualtieri, ein enger Freund, wurde eben zum Vorsitzenden des Wirtschafts- und Währungsausschusses gewählt. Mitglieder dieses Ausschusses haben zuletzt die Bankenunion mit dem Rat verhandelt und dabei den Finanzinstituten strenge Kontrollen verpasst.

Renzi-Intimus Gianni Pittella lenkt die sozialdemokratische Fraktion in der europäischen Volksvertretung. Und in der Kommission will er unbedingt Außenminister Federica Mogherini als EU-Außenbeauftragten installieren.

Gestern appellierte der designierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an die EU-Partner, Frauen zu nominieren. "Ein Kollegium mit nur zwei oder drei Kommissarinnen ist unglaubwürdig."

Renzi fühlt sich mit seiner Frauenwahl durch diesen Appell nicht angesprochen. Ihn beschäftigt der Ausbaus seines Netzwerkes in der EU, mit Bundeskanzler Werner Faymann hält er engen Kontakt. Heute, Samstag, kommen sie zu einem Vieraugen-Gespräch in Südtirol zusammen. Wichtigstes Thema der Unterredung: EU-Spitzenpersonal und "Restyling der EU" (Copyright: Renzi).

Die dänische Ministerpräsident Helle Thorning-Schmidt hat kürzlich beim EU-Gipfel in Brüssel gesagt, nicht als Nachfolgerin von Ratspräsident Herman Van Rompuy zur Verfügung zu stehen. Das war ernst gemeint. Ihr Stern leuchtet wieder hell, sie führt in allen Umfragen und Insider rechnen damit, dass sie vorgezogene Wahlen im Herbst plant. Thorning-Schmidt will dann als Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten in den Wahlkampf ziehen.

Jetzt steigen die Chancen für den französischen Ex-Premier Jean-Marc Ayrault, im Chefsessel des Europäischen Rates Platz zu nehmen.

Von 1996 bis Ende Juni 2014 war Hannes Swoboda EU-Abgeordneter, zuletzt Fraktionschef der Europäischen Sozialdemokraten. Privatier wird er nach dem Ende seiner Polit-Karriere aber nicht: Der 67-Jährige hat Angebote internationaler Thinktanks, wie dem Europäischen Rat für Außenpolitik in Brüssel, in dem auch die Außenminister Carl Bildt und Miroslav Lajčák mitarbeiten, der Berliner Stiftung "Europa eine Seele geben".

Jetzt will Swoboda einmal Wien genießen, in Kroatien urlauben und eine Reise mit seiner Frau Brigitte Ederer in die baltischen Republiken machen.

Politische Statements lässt er sich nicht verbieten. Einer künftigen Regierung empfiehlt er, 2019 zwei Kandidaten (Mann und Frau) für den Kommissarsposten vorzuschlagen – und nicht wie diesmal nur Johannes Hahn. Nichts hält er von der Grünen-Idee eines Hearings im nationalen Parlament. "Die Kommissare sind Europa verpflichtet und nicht dem Nationalstaat. Die richtige Institution für ein Hearing ist das Europäische Parlament."

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