Reichste Franzosen aus der Luxusbranche in Feindschaft vereint
Offiziell haben sich die Herren eigentlich versöhnt, doch hinter den Kulissen geht ihre epische Schlacht ungeniert weiter. Was in Frankreich für viel Schmunzeln sorgt. Denn die beiden Mäzene schenken dem Land und vor allem der Stadt Paris immense Prunkbauten und viel Kunst.
Hier der Großbürger Benard Arnault aus Paris,
da der Autodidakt François Pinault aus der Bretagne, der sich manchmal wie Louis de Funès aufführt und Präsident Emmanuel Macron unterstellt, dass er nichts von den kleinen Leuten aus der Provinz verstehe.
Im Mai eröffnete François Pinault, der drittreichste Franzose – zweitreichste Französin ist mit 70 Milliarden L’Oréal-Erbin Françoise Bettencourt-Meyers – sein neues Museum in der alten Pariser Getreidebörse im Hallenviertel. Mit Renovierung und Umbauten hatte er den japanischen Architekten Tadao Ando beauftragt, den ein junges Architektenteam aus Paris unterstützte. Und wie es sich gehört, schenkte er seinem Rivalen Arnault, dem reichsten Franzosen, natürlich auch eine Privatführung.
Arnault nennt Pinault gerne abfällig „den Holzhändler“, weil der Schulabbrecher in seiner Jugend mit Holz- und Möbelhandel anfing. Die Kunst, so sagt Pinault, habe ihm, dem Bauernsohn, neue Welten eröffnet. Arnault bleibt für ihn dagegen ein „bürgerlicher Banause“.
Am Mittwoch dieser Woche wiedereröffnete Bernard Arnault das legendäre Pariser Kaufhaus La Samaritaine an der Rue de Rivoli.
Und Pinault ist insofern wieder dabei, als alle seine Gucci, Yves Saint Laurent, Brioni und sonstigen Labels groß vertreten sind. Oder auch nicht, weil Pinault nicht müde wird, darauf hinzuweisen, dass er seine Firmen „rechtzeitig“ seinem Sohn François-Henri Pinault (59) übergeben hat, der ein Kind mit Eva Evangelista hat und seit 2009 mit Salma Hayek verheiratet ist.
Der Krieg um Gucci
Am 19. März 1999 übernahm François Pinault 42 Prozent des Kapitals von Gucci, obwohl er Arnault am Tag zuvor geschworen hatte, an dem italienischen Modeunternehmen kein Interesse zu haben. Arnault, der selbst seit Monaten Gucci-Aktien aufgekauft hatte, sah sich doppelt brüskiert. Der Holzhändler aus der Bretagne hatte ihn nicht nur angelogen, sondern es auch noch gewagt, in seine ureigensten Gefilde, nämlich in die Luxusgüterindustrie einzusteigen.
In den folgenden Jahrzehnten nahmen die Auseinandersetzungen skurrile Züge an: Kaufte der eine ein berühmtes Weingut in Burgund, erwarb der andere die direkt angrenzende Domäne.
Die Herren befanden sich auf einem doppelten Egotrip – und als sie genug prestigeträchtige Immobilien angehäuft hatten, verlagerten sie ihren Konkurrenzkampf auf die Kunst und schnappten sich gegenseitig Bilder weg.
Für die Kunstszene war das ein Segen, wobei Pinault in seinem Kaufrausch auch hier oft die Nase vorne hatte.
Die größte Niederlage brachte ihm allerdings Arnault bei, als dieser 2014 die wiewohl am Stadtrand von Paris gelegene Foundation Louis Vuitton eröffnete. Dieses spektakuläre „Lustschloss“ von Frank Gehry gefiel nicht allen. Pinault hatte sich Jahre zuvor schon vergeblich um die Renault-Gründe beworben und hatte aus Zorn in Venedig den Palazzo Grassi (2005) und das Zollhaus Punta della Dogana (2007) übernommen. Paris schien für ihn damals außer Reichweite.
Pinault, der auch 30 Monate im Algerienkrieg gekämpft hatte, sammelte „Kraut und Rüben“ und vor allem Verstörendes. Wenn er von einem armen Maler mit kriminellem Lebenslauf hörte, wollte er ihn kennenlernen und wanderte zu Fuß in die berüchtigte Bronx von Manhattan.
Erschlagener Papst
Zu seiner Sammlung gehören Maurizio Cattelans berüchtigte Skulptur „La Nona ora“ (ein lebensechter Johannes Paul II., den ein Meteorit erschlägt), Paul Fryers „Pieta“ (der Heiland auf dem elektrischen Stuhl) und Ewald Kienholz mit seiner Nachbildung eines Soldatenbordells in Originalgröße. Von Piotr Uklanski besitzt er ein koloriertes Röntgenbild von „Monsieur François Pinault“ – mit dem Schädel des Auftraggebers. Auch Cattelans Entwurf seines Grabsteins, ein einfacher Block mit der Inschrift „Why me?“, hat er schon.
Arnault, der Tee liebt (Earl Grey) und Klaviermusik, sammelte mehr die „sicheren“ Meister der Nachkriegszeit wie Dubuffet, Jasper Johns und Andy Warhol, während der Bretone auch als Besitzer des größten Auktionshauses Christie’s den Kunstmarkt aufmischte. So verschoss er für eine Mega-Ausstellung in Venedig 2017 „Treasures from the Wreck of the Unbelievable“ 55 Millionen Euro. Nur um dem verblassten Stern von Damian Hirst zu neuem Glanz zu verhelfen.
Offiziell versöhnt sind die Rivalen seit 2009. Damals stießen sie am Esstisch eines befreundeten Milliardärs mit Arnaults Château Cheval Blanc und Pinaults Château Latour an. Alle Nachrichtensender berichteten davon. Sie hätten einander versprochen, sich nicht mehr öffentlich abfällig über „den Holzhändler“ und Arnaults „bourgeoises Banausentum“ zu beklagen. Das wäre schließlich schlecht fürs geschäftliche Image.
Doch 2015 soll Arnault diskret versucht haben, Pinaults Übernahme der Getreidebörse zu verhindern. Das wäre ihm 50 Millionen Euro wert gewesen. Und darum warten die Franzosen auf den nächsten Streich, den sich die Herren liefern. Denn dass der kommt, ist so sicher wie das Amen im Gebet.
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