Rechter Wahltriumph in Kleinstadt alarmiert Paris

Marine Le Pen: Frontfrau des rechtsextrem Front National.
Ein Kandidat der Rechtspopulisten kam auf über 40 Prozent. Die Regierungsparteien fürchten sich nun vor den bevorstehenden Gemeindewahlen.

Das Ergebnis einer winzigen Kantonalwahl in Brignoles, einer Kleinstadt im Hinterland der Cote d’Azur, hat Frankreichs Politszene aufgescheucht: Im ersten Durchgang am Sonntag kam der Kandidat der rechtspopulistischen Partei „Front national“ (FN) auf 40,4 Prozent, ein weiter rechts stehender Dissident der FN auf 9 Prozent. Die konservative UMP musste sich mit 20,8 Prozent begnügen. Obwohl das Rathaus von einem KP-Bürgermeister gelenkt wird, kamen zwei – getrennte – linke Listen (SP-KP und Grüne) nur auf 14,6 beziehungsweise 8,9 Prozent und schieden daher für die Stichwahl aus (diese findet zwischen den beiden bestgereihten Kandidaten des ersten Durchgangs statt). Allerdings ging nur ein Drittel der Wähler zu den Urnen.

Sowohl die linken Regierungsparteien (Sozialisten und Grüne) als auch die Spitzen der konservativen Opposition in Paris sehen in diesem Ergebnis eine weitere Bestätigung für ihre Befürchtung, die FN werde bei den bevorstehenden landesweiten Gemeindewahlen im März 2014 und den EU-Wahlen im Juni 2014 einen durchschlagenden Erfolg erringen.

Verluste

Das Regierungslager hat seit dem Amtsantritt des sozialistischen Staatschef Francois Hollande im Vorjahr acht Lokalwahlen verloren. Wie in Brignoles bleiben bei all diesen Wahlen die meisten Linkswähler den Urnen fern – vor allem aus Enttäuschung über den inzwischen harten Sparkurs der Regierung und zuletzt auch aus Ärger über die Anhebung von Massensteuern bei gleichzeitigem Entgegenkommen für Groß-Unternehmer. Ihrerseits wirkt die konservative UMP seit der Wahlniederlage und dem Abgang von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy schwer zerstritten und desorientiert.

Die FN-Chefin Marine Le Pen, die bei den Präsidentenwahlen 2012 auf 18 Prozent kam, erfreut sich laut jüngster Umfrage der Sympathien von 34 Prozent der Franzosen. Die 45-jährige Tochter des Parteigründers Jean-Marie Le Pen präsentiert sich umgänglicher als ihr 85-jähriger Vater. Sie hat allzu ungenierte, rechte Persönlichkeiten aus ihrer Partei entfernt und gleichzeitig in sozialpolitischen Fragen links anmutende Sozialforderungen übernommen, wie etwa das Recht auf Rentenantritt für eine Vollpension ab 60 Jahren. Sie wendet sich auch gegen Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst, die sie der EU anlastet.

Trotz dieser Bemühungen schließen aber weiterhin 67 Prozent der Franzosen es strikt aus, für Marine Le Pen bei einer Präsidentenwahl zu stimmen.

"Republikanischer Schutzwall"

Bei einer Nachwahl für ein Parlamentsmandat im Großraum nördlich von Paris war ein FN-Kandidat bereits im vergangenen März auf 48 Prozent gelangt. Er wurde aber bei der Stichwahl vom UMP-Kandidaten geschlagen. Die zuvor ausgeschiedenen Sozialisten hatten, gemäß der Tradition des „republikanischen Schutzwalls“ gegen Rechtsaußen-Kräfte, für den UMP-Kandidaten eine Wahlempfehlung abgegeben. An diese Tradition halten sich die Führungen des linken Regierungsparteien auch weiterhin, während die meisten Spitzenpolitiker der konservativen UMP im Fall einer Stichwahl zwischen einem linken und einem FN-Kandidaten keine Wahlempfehlung mehr abgeben wollen. Einige Führungspersönlichkeiten der UMP, darunter Ex-Premier Francois Fillon, haben sich sogar dafür ausgesprochen, gegebenenfalls den Kandidaten der FN zu unterstützen, sollte sich dieser aus ihrer Sicht als umgänglicher als sein linker Kontrahent erweisen. Für die Stichwahl in Brignoles am kommenden Sonntag haben die Sozialisten bereits zur Stimmabgabe für die UMP und gegen die FN aufgerufen.

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