Rechter Terror zum 60. Jahrestag: US-Politik unter Schock

Rechter Terror zum 60. Jahrestag: US-Politik unter Schock
Der Mord an drei Schwarzen durch einen Rechtsextremisten in Florida – exakt 60 Jahre nach Martin Luther Kings historischer Rede – erschüttert auch die Politik

In seiner wirkungsmächtigsten Rede, gehalten vor genau 60 Jahren, schilderte der Bürgerrechtstitan Martin Luther King einen Traum: Dass seine vier Kinder einmal in einem Land leben werden, „in der man sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt“.

Kein Platz für Rassisten

Nach dem weiter für Entsetzen sorgenden Dreifach-Mord eines bekennenden weißen Rassisten in einem Supermarkt in Jacksonville, Florida, am Wochenende, beklagen Politiker in Washington, wie weit die USA immer noch entfernt seien von Kings Vision. Präsident Joe Biden rief die Amerikaner dazu auf, sich entschlossener zu positionieren, damit die rassistische Ideologie, die der 21-jährige Todesschütze Ryan P. verinnerlicht hatte, keinen Platz bekommt: „Wir müssen uns weigern, in einem Land zu leben, wo schwarze Familien, die zum Geschäft gehen, oder schwarze Studierende, die zur Hochschule gehen, in Furcht leben müssen, wegen ihrer Hautfarbe niedergeschossen zu werden.“

Rechter Terror zum 60. Jahrestag: US-Politik unter Schock

Politisch ist das Massaker, an dessen Ende sich der Todesschütze selbst richtete, für einen Politiker besonders brisant: Ron DeSantis. Der Gouverneur von Florida bemüht sich krampfhaft, seine Präsidentschaftskampagne zu revitalisieren und zu dem mit großem Umfragen-Abstand führenden Donald Trump aufzuschließen.

Der 44-Jährige stammt ausgerechnet aus Jacksonville und ist für Gesetze mitverantwortlich, die von Vertretern der Schwarzen als diskriminierend empfunden werden. So ist an den Schulen in Florida der Umgang mit Themen wie Rasse oder Sklaverei stark beschränkt.

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Buhrufe für DeSantis

Es wurde also mit Spannung erwartet, wie sich der Republikaner nach dem Attentat verhält. DeSantis ergriff bei einer Trauerandacht in der Nähe des Tatorts das Wort und wiederholte seine brachialen Worte, wonach der Täter ein „besonders feiger Dreckskerl“ gewesen sei. Florida lasse es nicht zu, dass „Menschen aufgrund ihrer Rasse ins Visier genommen werden“. Resultat: lautstarke Buhrufe. Ein Grund: Unter DeSantis wurden zuletzt die Wahlkreise neu zugeschnitten, zum Nachteil der schwarzen Bevölkerung. Jeffrey Rumlief, Pastor einer Kirche in der Nähe des Tatortes, korrigierte den Gouverneur: „Er war kein Dreckskerl. Er war ein Rassist.“

Jagd auf Schwarze

Ryan P. hatte seine Hass-Tiraden niedergeschrieben, bevor er mit einem Sturmgewehr und einer Glock-Pistole vor einem Diskonter eine 52-jährige Schwarze in ihrem Auto erschoss. Danach machte er im Laden geradezu Jagd auf einen 19- und einen 29-jährigen Afroamerikaner. P., der noch bei seinen Eltern wohnte, gab etliche weitere Schüsse ab, die aber ihr Ziel verfehlten. Erst im Vorjahr tötete der 18-jährige Payton Gendron in einem Supermarkt in Buffalo zehn Afroamerikaner. Vorher hatte er im Internet eine Schrift verbreitet, die ihn als Anhänger der „white supremacy“-Ideologie auswies, dem Glauben an die Überlegenheit des weißen Mannes.

2015 hatte der weiße Rechtsextremist Dylann Roof während einer Bibelstunde in einer vorwiegend von Schwarzen besuchten Kirche in South Carolina neun Menschen erschossen. Laut Bundespolizei FBI ist rassistisch motivierter, gewalttätiger Extremismus die „größte inner-amerikanische Bedrohung“. Im Mai sprach der schwarze Lobby-Verband NAACP eine Reisewarnung für Afroamerikaner in Florida aus.

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