"Wer ertrinken will, ist nicht zu retten"
"Wer ertrinken will, ist nicht zu retten." Es war die mit Abstand kürzeste Antwort auf die insgesamt knapp hundert Fragen, die Wladimir Putin in seiner gestrigen Bürgersprechstunde beantwortete. Eine Zwölfjährige hatte wissen wollen, wem der Kremlchef beistehen würde, sollten die Präsidenten der Türkei und der Ukraine – Recep Tayyip Erdoğan und Pjotr Poroschenko – gleichzeitig in Seenot geraten. Ungeachtet aller Probleme sei Russland dennoch "bereit, die Hand der Freundschaft jedem zu reichen, sofern er das will".
Durchaus versöhnlich klang auch, was der Kremlchef auf die Frage einer anderen, ebenfalls sehr jungen Schülerin, zu sagen hatte. Die hatte ihren Vater mit den Worten zitiert, mit Amerika könne nur Putin fertig werden. Russland, so dieser, müsse nicht mit Amerikas, sondern mit seinen eigenen Problemen fertig werden.
Infotainment-Spagat
Gelächter, Szeneapplaus. Souverän Volk will nicht nur informiert, sondern auch unterhalten werden. Putin, der gestern bereits zum vierzehnten Mal auf Fragen antwortete, die den Menschen zwischen Kamtschatka und Kaliningrad unter den Nägeln brennen, bekam nicht nur das Infotainment-Spagat sauber hin. Elegant nahm er auch eine andere Hürde: Wie verbreite ich bei brisanten Fragen Optimismus und Zuversicht, ohne mich durch konkrete und kostspielige Zusagen festzulegen und was kann ich meinen Wählern an bitteren Wahrheiten zumuten?
1,5 Millionen Fragen
Als Zuschauer waren weit über tausend handverlesene Gäste geladen, darunter auffallend viele Beamte und Offiziere. Schon vor Beginn der Hotline waren im Call-Center mehr als 1,5 Millionen Fragen eingegangen. Erstmals konnten sich die Bürger über den russischen Facebook-Analog Vkontakte per Video-Anruf direkt an ihren Präsidenten wenden. Davon machten vor allem Russen unter 30 Gebrauch. Wie schon in den Vorjahren waren das staatliche Fernsehen und der staatsnahe Erste Kanal wieder mit Satelliten-Schüsseln in mehreren Regionen präsent und diese durch Video-Konferenzschaltung mit dem Kongresszentrum "Gostinny dwor" in Moskau verbunden, wo Starjournalisten beider Sender die Veranstaltung moderierten.
Vor allem dem Russland-Beitritt der der Krim sind die hohen Zustimmungsraten geschuldet, die Putin trotz Wirtschaftskrise weiterhin einfährt Ob er 2018 für eine weitere Amtszeit kandidieren wird, ließ er offen. Zuvor hatte er eingeräumt, mit einer Frau als Präsidentin würde Russland womöglich besser fahren.
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