Krieg in Ukraine: Putins "Verstärkung" wartet in den USA
aus Washington Dirk Hautkapp
Bei seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine kann Wladimir Putin auf eine 5. Kolonne bauen. In Amerika. Donald Trump nahe stehende Republikaner haben demonstrativ Verständnis für den Kremlchef, während das Establishment der "Grand Old Party" um Mitch McConnell alte anti-russische Reflexe zeigt und harte Sanktionen fordert.
Nachdem Trump Putin als "ziemlich schlau" bezeichnet hatte, sich ein Land einzuverleiben, stimmte auch der frühere Außenminister Mike Pompeo in das Loblied ein. Putin sei ein "sehr talentierter, mit allen Wassern gewaschener Staatsmann, der weiß, wie man Macht einsetzt", sagte er, er habe "enormen Respekt" für den russischen Präsidenten.
"Putins nützliche Idioten" in Washington, wie Kritiker in den Medien den Kreml-Fanclub nennen, schwächen die Eindämmungspolitik von Präsident Joe Biden. In Umfragen sind inzwischen weniger als 30 Prozent der Amerikaner der Meinung, dass die USA im größten Konflikt in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine relevante Schiedsrichterrolle spielen sollten.
Das eherne Gesetz, wonach sich Amerikaner im auswärtigen Krisenfall über Parteigrenzen hinweg immer hinter dem jeweiligen Präsidenten versammeln, ist gekippt. Fast 90 Prozent der Trump-Wähler finden Biden nach jüngsten Umfragen schlecht, aber nur 69 Prozent haben etwas gegen Putin, der ihnen als starker Staatsmann vorkommt.
Tucker Carlson, der werktags Abend für Abend bis zu 3,5 Millionen Zuschauer erreichende Fox-News-Moderator, fragt unverblümt: "Warum ergreifen wir Partei für die Ukraine und nicht für Putin?"
Bidens Schwäche
Dass Putin "sich erkühnt" und die europäische Nachkriegsordnung im Alleingang verändert, sei allein Bidens "Schwäche" geschuldet. Carlsons Parolen, verstärkt durch ein ganzes Biotop von rechtspopulistischen Internet-Portalen und Sendern, färben so stark ab, dass etliche Republikaner in den Singsang einstimmen. Tenor: Nur weil Biden Angreifbarkeit ausstrahle, sei die Ukraine Moskau ausgeliefert. Unter Trump hätte Putin dass niemals gewagt.
Eine andere Nuance arbeitet Charlie Kirk heraus, der einflussreiche Trumpianer und Chef der Jugend-Organisation "Turning Point USA". Er hält gar nichts davon, in einem fernen Land Städte zu verteidigen, "die wir nicht aussprechen können und die wir nicht auf der Landkarte finden".
Profitieren wollen die rechten Republikaner aus den Kollateralschäden, die Bidens Sanktionsregime voraussichtlich auslösen wird: höhere Energiepreise, was die enorme Inflation weiter verschärfen könnte.
Für traditionelle Republikaner wie Mitt Romney sind die Putin-Versteher in den eigenen Reihen ein Graus. Als Präsidentschaftskandidat (gegen Obama) warnte der Senator aus Utah, dass Russland der geopolitische Gegenspieler schlechthin für Amerika sei. Er wurde dafür als "kalter Krieger" belächelt. Heute spottet niemand mehr.
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